SSRQ ZH NF I/1/3 189-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die
Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich.
Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), da Michael Schaffner
Citazione: SSRQ ZH NF I/1/3 189-1
Licenza: CC BY-NC-SA
Verordnung der Stadt Zürich betreffend Zulauf von Armen aus der Landschaft sowie Verbot der privaten Austeilung von Almosen in sogenannten Gebhäusern
1551 novembre 7.
Descrizione della fonte
- Collocazione: StAZH A 61.1, Nr. 53
- Data di origine: 1551 novembre 7 Tradizione: Aufzeichnung (Doppelblatt)
- Supporto alla scrittura: Papier
- Formato l × a (cm): 21.5 × 31.5
- Lingua: tedesco
Commento
Gemäss der Almosenordnung der Stadt ZürichLuogo: vom 15. Januar 1525 hatten auswärtigen Bedürftige nach Ankunft in der Stadt das Recht auf eine Mahlzeit und, sofern sie nach Mittag eingetroffen waren, auf Beherbergung im SpitalLuogo: während der Nacht. Danach sollten sie durch den Bettelvogt ausgewiesen werden (vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 125-1). Wie der vorliegende Erlass belegt, wurde gegen diese Bestimmung jedoch nicht selten verstossen. Besonders während der durch Teuerung und Armut geprägten Jahrzehnte um die Mitte des 16. Jahrhunderts kamen zahlreiche Bedürftige aus der ZürcherLuogo: Landschaft in die Stadt und verblieben dort länger als in den obrigkeitlichen Ordnungen vorgesehen. Sie nahmen dabei nicht nur die Hilfeleistungen des AlmosenamtsOrganizzazione: in Anspruch, sondern konnten sich auch auf die sogenannten Gebhäuser verlassen. So bezeichnete man die Praxis einzelner Bürger oder Hintersassen, die vor ihren Häusern Spenden auf eigene Kosten verteilten. Dies fand zuweilen auch unter den Stadttoren sowie auf den innerstädtischen Brücken statt (vgl. Denzler 1920, S. 190).
Der RatOrganizzazione: suchte die Anzahl Bedürftiger in der Stadt zu reduzieren, indem er mehrfach seine Erlasse gegen fremde Bettler erneuerte, wobei insbesondere die Dauer ihres Aufenthaltes begrenzt werden sollte (vgl. exemplarisch: StAZH A 61.1, Nr. 55). Über die berechtigten Almosenbezüger in Stadt und Land sollte exakt Buch geführt werden, wozu auch die Landvögte herangezogen wurden (StAZH A 61.1, Nr. 63). Diese Massnahmen wurden nicht zuletzt auf Veranlassung der Stadtpfarrer rund um Heinrich BullingerPersona: ergriffen, die seit Beginn der 1550er Jahre in wiederholten Vorstössen vor dem RatOrganizzazione: die Zustände im Armenwesen kritisiert hatten (vgl. exemplarisch Bullinger, Schriften zum Tage, S. 185-197).
In der vorliegenden Ordnung wurden die Gebhäuser erstmals eingeschränkt, ein explizites Verbot erging im Jahr 1563 (StAZH A 61.1, Nr. 92). Auf diese Weise sollte die Verantwortung für die Armenversorgung ganz in der Hand des RatesOrganizzazione: und des durch ihn geführten AlmosenamtsOrganizzazione: konzentriert werden. Um dem Bedürfnis Einzelner zur Entrichtung von Spenden an Bedürftige dennoch Rechnung zu tragen, wurde mit der erneuerten Almosenordnung vom 31. Juli 1558 eine Kollekte zu Gunsten des AlmosenamtsOrganizzazione: eingeführt (StAZH A 61.1, Nr. 73). Trotzdem bestanden auch die Gebhäuser weiter, wie die bis ins 17. Jahrhundert immer wieder erneuerten Verbote bezeugen (vgl. Denzler 1920, S. 191).
Zum ZürcherLuogo: AlmosenamtOrganizzazione: vgl. Moser 2010; Denzler 1920; zur Armutskrise in der Mitte des 16. Jahrhunderts und den diesbezüglichen Vorstössen der ZürcherLuogo: Pfarrer vgl. Sigg 2011; Bächtold 1982, S. 233-276.
Testo editionale
ordnung unnd satzungen gemacht, wem unnd wie, ouch zuͦ
wellicher zyt man sollichs ußtheylen unnd geben sölle, so
wirt doch denen ëben schlëchtlich gelëbt, gmeyne burgerschafftOrganizzazione:
mitt vilen liederlichen üppigen lüten, so jung unnd starch sind,
eigne güter haben unnd sich sonst erneren mögend oder das
ir tag unnd nacht inn wirtz- unnd drinckhüsern lichtfertig
unnd unnützlich verthuͦnd, trëffenlich uberladen unnd beschwërt, deßhalb unnser herren zuͦ handthabung obangezoigter irer ordnungen angesehen, namlich:
Zuͦ louf ab der landtschafft
statt groß unnd täglichen zuͦnimpt, iro vil all wuchenPeriodo: 1 settimana
vom frytagPeriodo: venerdì biß über den sontagPeriodo: domenica im SpitalLuogo: uff dem allmuͦsen unnd burgern liggend, keyn gëben nüdt hilfft noch ersettigung by inen ist, das dann der under bëttel vogt
die fürderlich abwysen, sy nitt so lang inn der statt dulden unnd welliche nüdt darab thuͦn, wyb unnd man, besonnder was jung unnd starch personen sind, gefëngclich
annëmen, dieselben inn gefëngknus irs harkomens, thuͦn
unnd lassens erkennen, den obervögten, under denen sy gesëssen, ir fürgeben zuͦ schryben unnd darnach man bericht
by den vögten findt, mitt straaf unnd abwysen oder sonst
der gebür nach gegen inen gehandlet werden.
Gebhuser abgestelt
Unnd als etlich burger guͦter meynung inn der wuchen uff
bestimpte zyt, es sige am sambstagPeriodo: sabato ald anndern tagen, ir
allmuͦsen ußtheylen, diewyl aber die bättler inn statt
unnd land sampt den frembden sich daruf verlassend,
sollichen hüsern nachzüchend unnd hiemitt dermaß eyn [p. 2]Interruzione di pagina
wësen anrichtend, das die rëchten hußarmen dem nitt
nachkommen mögen unnd manglen müssend, so wellend
unnser herren uß gehörten unnd andern ursachen hiemitt
die angezoigten gëbhüser abgestelt unnd verbotten haben.
Also, das dhein burger noch hinderseß syn allmuͦsen inn
der wuchen uff bestimpt tag unnd stunden also offenlich by
synem huß ald gaden gëben, sonnders ein jeder syn allmuͦsen
inn der wuchen zuͦ unbedingter unnd unbestimpter zyt
oder am sontagPeriodo: domenica, wie inn gott ermant, zum stillisten under
die rëchten hußarmen, alten, krancken unnd notdurfftigen,
so des allmuͦsens genosgenossig sind, ußteylen soll unnd möge. Unnd
also wirt das ungebürlich rënnen unnd louffen, so bißhar
zuͦ beschwerd einer burgerschafftOrganizzazione: , ouch SpittalLuogo: unnd allmuͦsen gedient, underlassen. Dise erkanntnus soll der under
bëttel vogt angëntz denen personen, so das allmuͦsen obgehörter gestalt by den hüsern ald gëdmern offenlich gegëben, eröffnen, ouch im allmuͦsenOrganizzazione: , die, so die gëbhüser besuͦchend,
darvor warnen unnd verschaffen, das diser ordnung gelëpt
werde.
Demnach ein unordnung gebrucht wirt, weͣnn die armen
zur wuchen harin kommend, zwenPeriodo: 2 giorni oder dryg tagPeriodo: 3 giorni inn der
statt plybend, das dann dieselben für unnd für im SpitalLuogo: unnd allmuosenOrganizzazione: underschloüff unnd das muͦß haben,
wellichs aber gantz beschwerlich unnd unlydenlich. Ist
unnser herren bevelch, das die herren pflëgere des SpittalsLuogo: von desselben wëgen, deßglych die pflëgere unnd verwalter des allmuͦsensOrganizzazione: innammen desselben die ordnungen,
wie lang die frembden unnd heimbschen bëttler, so harin
kommend, es sige uff dem SpittalLuogo: oder allmuͦsenOrganizzazione: liggen söllen, [p. 3]Interruzione di pagina
für sich nemmen, die wider ernüweren unnd inn übung
bringen. Ob aber etwas wider die mißbrüch darinn
zuͦverbessern unnd ëndern were, darüber söllend die
pflëger unnd verwaltere jedes ambts für sich selbs
rhatschlagen unnd dasselb zur bestetigung an ein ersamen
rhatOrganizzazione: gelangen lassen. Actum sambstags den vijten novembris anno etcAbbreviazione ljData di origine: 7.11.1551, pntpresentibus her burgermeister HabPersona:
unnd beid rethOrganizzazione: .
Stattschryber
zuͦ ZürichLuogo: stscripsit
Anordnung wegen außtheilung des allmuͦßens auf der lantschafft, 1551Data: 1551
Regesto