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SSRQ ZH NF I/1/3 44-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 44-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Zunftbrief der Zunft zum Weggen

1490 Dezember 11.

Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich bestätigen kraft der ihnen verliehenen Freiheiten und des Geschworenen Briefes der Zunft zum Weggen ihre hergebrachten Rechte. Zur Zunft zum Weggen gehören die Handwerke der Bäcker und Müller. Der Zunft steht es frei, vor den Stadtkreuzen ansässige Personen aufzunehmen, sie ist jedoch nicht dazu verpflichtet. Mitgliedern der Zunft ist es nicht erlaubt, sich in gewerblichen Angelegenheiten mit Teilhabern ausserhalb der Zunft zu verbinden. Witwen behalten das Zunftrecht, solange sie sich nicht wieder neu verheiraten, bei Wiederverheiratung verfügt der neue Ehemann nicht über einen Anspruch auf das Zunftrecht der Ehefrau. Die Bäcker sind in Feiler und Fochenzer unterteilt, wobei jeder Bäcker alljährlich vor den Meistern zu bekennen hat, innerhalb welcher Berufsgruppe er tätig sein will und sich damit verpflichtet, die für Feiler und Fochenzer spezifischen Bestimmungen einzuhalten. Den Bäckern ist es verboten, Brot an den Zwischenhandel zum Zweck des Wiederverkaufs an einem anderen Ort zu verkaufen. Bezüglich der Menge des gebackenen Brotes sind die Bäcker frei, der Rat von Zürich behält sich jedoch das Recht zur Brotbeschau vor. Wer gegen die in dieser Urkunde enthaltenen Bestimmungen verstösst, soll gegenüber der Stadt mit dem Betrag von einem Pfund und fünf Schilling gebüsst werden sowie zusätzlich der Zunft dieselbe Summe entrichten. Konstaffel und Zünfte sollen sich im Falle von Streitigkeiten an Bürgermeister und Rat wenden, ohne deren Zustimmung sie nicht berechtigt sind, an den ihnen bestätigten Rechten etwas zu ändern. Die Aussteller siegeln mit dem Stadtsiegel.

  • Signatur: ZBZ ZA We 77a.3
  • Originaldatierung: 1490 Dezember 11
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 55.0 × 27.0 (Plica: 5.5 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Stadt ZürichPerson: , Wachs, rund, angehängt an Schnur, beschädigt
  • Sprache: Deutsch
  • Teiledition
    • QZZG, Bd. 1, Nr. 169/IV

Bürgermeister und RatOrganisation: stellten die vorliegende Urkunde gemeinsam mit denjenigen für die anderen elf ZünfteOrganisation: sowie die KonstaffelOrganisation: aus. Es handelt sich dabei um die Bestätigung von Bestimmungen, die im Wesentlichen bereits in den Jahren 1336 und 1431 erlassen worden waren (QZZG, Bd. 1, Nr. 3/i.4; Nr. 11; Nr. 119/XII). Zur weiteren Überlieferung der Zunftbriefe und dem Zusammenhang mit dem kurz zuvor verabschiedeten Vierten Geschworenen Brief vgl. die Urkunde der KonstaffelOrganisation: (SSRQ ZH NF I/1/3 49-1).

Die Unterteilung der ZürcherOrt: BäckerOrganisation: in Fochenzer und Feiler geht auf das Jahr 1330 zurück (Zürcher Stadtbücher, Bd. 1/1, S. 52-53, Nr. 134). Genauere Bestimmungen insbesondere hinsichtlich der Mehl- und Brotpreise erliess der RatOrganisation: in den periodisch erneuerten Bäcker- und Müllerordnungen (vgl. dazu die Bäckerordnung des Jahres 1530, SSRQ ZH NF I/1/3 148-1).

Zum Gewerbe der BäckerOrganisation: und MüllerOrganisation: im vormodernen ZürichOrt: vgl. Brühlmeier 2013.

Editionstext


Wir, der burgermeister, der raͧtt und der groß raͧtt, so man nempt die zweyhundert der statt Zu̍richOrt: Organisation: , tuͦnd kundt und bekennen offenlich mit disem brieff, als dann wir
uß krafft der loblichen fryheiten, daͧmit wir von dem heilgen RoͤmschenOrt: richOrganisation: , keisernn und ku̍ngen erlich begaͧbet sind, unnser statt regiment und ordnungen angesechen
und gesetzt, ouch die ganntzen gemeindOrganisation: unnser statt, rich und arm, durch gemeines nutzes, friden und ruͦwen willen, in Constaͧffel und zu̍nfftOrganisation: gesundert und geteilt
und in soͤlichem geordnet haben, wie und wohin ein yeder burger und hindersaͤß ZurichOrt: mit sinem lib und guͦtt dienen und gehoͤren sol, innhallt unnsers geswornen brieffs, ouch daͧby
angesechen und erkennt haben, das wir die ConstaͧffelOrganisation: , all zu̍nfftOrganisation: und yede in sunders by iren gerechtikeiten, guͦten gewonheiten und harkommen getruwlich schirmen und hanndthaben und sy daͧby bliben laͧssen und des mit unnsern brieffen und sigelnn besorgen und versichern sollen.
Also, demnaͧch und so wir pfisterOrganisation: und mu̍llerOrganisation: in ein zunfftOrganisation: geordnet,
so haben wir unns ouch erkennt und gesetzt, erkennen, setzen und wellen in krafft diß brieffs, das soͤlich ir zunfft by allen und yeden ir gerechtikeiten, fryheiten, guͦten gewonheiten
und harkommen bliben, sich deren gebruchen, niessen und befroͤwen soͤlle, und mit sunderheit haben wir den zu̍nffternOrganisation: der obgemellten zunfft uff ir anbringen und bit zuͦgelaͧssen,
das sy nit schuldig sin soͤllen, yemanns ir zunfft zuͦlichen oder daͧr in zuͦempfaͧchen, der usserthalb den Kru̍tzenOrt: vor unnser statt wonhafft und gesessen ist, sy tuͤgen es dann gernn.

Ouch das ir dheiner in soͤlicher zunfft keinen gemeinder usserthalb der zunfft haben noch nemen sol in dem, das ir zunfft und gewaͤrb antrifft.
Ouch das ein wittwe, die einen
zu̍nffter eelich gehebt haͧtt, ir zunfft behallten und die bruchen mag, so lanng sie in wittwen staͧtt blibt. Ob sy aber einen anndern man neme, der nit ir zu̍nffter were, das dann
der selb sich ir zunfft nit gebruchen noch die haben sol, er empfaͧche sy dann von inen als ein annder zunffter.
Ouch haben wir gesetzt und geordnet, welicher pfisterOrganisation: in unnsrer
statt fochetzis bacht, das der nit veiles bachen, und welicher aber veiles bacht, das der nit fochetzis bachen und sol ein yeder pfisterOrganisation: des jars einestWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr naͧch ir zunfftOrganisation: gewonheit und harkommen vor den meistern eroffnen und melden, deweders er das jarZeitspanne: 1 Jahr uͤben und bruchen welle. Und weliches er als dann vermelldet, das selb sol er ouch das nechst jarZeitspanne: 1 Jahr daͧrnaͧch beharren und
das annder nit bruchen.
Die fochetzer soͤllen ouch nieman gebachens brot umb gellt geben, minder dann ein halb viertelVolumenmass: 0.5 Viertel samennthafft, aber ein halb vierteilVolumenmass: 0.5 Viertel samenthafft und daͧrob
mogen sy einem wol umb gellt geben. Ouch mogen sy iren kunden wol teig und mel fu̍r brot geben, wie das von altem harkommen ist.
Die pfisterOrganisation: , so veiles bachen, mogen ir brott
in der statt veil haben, es sye in der brotlouben, ouch in iren hu̍sernn und ze laden, aber usserthalb und vor unnser statt soͤllen sy es nit veil haben. Es sol ouch kein pfisterOrganisation: in unnserer
statt dheinem ußman brot bachen umb lon, das er annderswaͧ uff den pfragen verkouffen wil.
Ouch haben wir Textvariante in StAZH B II 5, fol. 64r: gesetzt unda geordnet, das ein yeder pfisterOrganisation: in unnsrer statt bachen mag, wie vil er wil
und das die zunfft noch die meister unndereinanndern dheinerley satzung, bann oder eynung daͧwider uffsetzen noch niemans das verbieten oder weren soͤllen. Aber daͧby haben wir unns vorbehallten und ußbedinget, das brot zuͦbeschowen, es sye veiles oder fochetzis und daͧrinn zehanndellnn, das unns nu̍tz und guͦt beduncket, wenn und wie unns das
fuͤget.1
Und daͧmit soͤlich unnser ordnung und ansechen uffrecht und redlich gehallten und dem also naͧch ganngen werde, so haben wir geordnet und gesetzt, were, das yeman fu̍rbaß
soͤlichs u̍bersechen und dem anndern daͧwider in sin hanndtwerch oder gewaͤrb lanngen und das kuntlich wurde, der sol von yecklicher getaͧt zebuͦß geben unnser gemeinen statt
ein pfundWährung: 1 Pfund fu̍nff schillingWährung: 5 Schillinge und der zunfft, daͧrin er gelannget hette, ouch ein pfundWährung: 1 Pfund fu̍nff schillingWährung: 5 Schillinge , als dick das z[e]Beschädigung durch Falt, sinngemäss ergänztb schulden kumpt, und sol man ouch soͤlich buͦß aͧn alle gnad
inziechen und deren nieman nu̍tz schencken.
Doch haben wir unns hieby eygentlich erkennt und gesetzt, das Constaͧffel und zu̍nfftOrganisation: dheine uff die anndern noch fu̍r sich
selb dheinen uffsatz tuͦn sollen noch mogen, aͧn unnsern gunst, wu̍ssen und willen, und ob durch ConstaͧffelOrganisation: oder dheine der zu̍nffteOrganisation: eynicher uffsatz beschechen were oder hinfu̍r
gethaͧn wurde, zuͦ abbruch und schaden gemeiner statt und des gemeinen nutzes oder anndrer zu̍nfften, das soͤlichs fu̍r unns kommen und wir, naͧch innhallt unnsers geswornen
brieffs, alzit macht und gewallt haben soͤllen, unns daͧru̍ber zuͦ erkennen und wes wir unns dann gemeinlich oder der merteil uff unnser eyd ye daͧrumb erkennen, das dann
die ConstaͧffelOrganisation: oder zunfft, so es beruͤrt, genntzlich aͧn alle fu̍rwort und widerred daͧby bliben und dem uffrecht und erberlich naͧchkommen.
Es sol ouch weder ConstaͧffelOrganisation: noch kein
zunfft der anndern keinenn ingriff noch abbruch tuͦn an irem gewaͤrb und hanndtwerch, wider ir gerechtikeit, guͦt gewonheit und haͤrkommen. Ob aber deshalb zwu̍schen der ConstaͧffelOrganisation: und einicher zunfft oder einer zunfft gegen der anndern spenn und irrung ufferwachsen wurden, das dann die ouch mit irnn spennen fu̍r unns kommen und wes wir uns,
gemeinlich oder der merteil, darumb erkennen, das sy dann ouch daͧby bliben und dem naͧch kommen soͤllen. Wo aber ein sundrige person einicher zunfft in irnn gewaͤrb und
hanndtwerch lanngen und wider ir gerechtikeit, guͦt gewonheit und harkommen daͧrinn gryffen wurde, das dann die zunfft, deren soͤlicher ingryff bescheche, die selben person daͧrumb
pfenden und ir das verbieten mogen, als das von alltem harkommen ist. Und ob dann die selb person meinen woͤlte, das sy zuͦ soͤlichem irem fu̍rnemen und bruch fuͦg hette und man
sy deshalb nit pfenden noch verbieten soͤlt[e]Beschädigung durch Loch, sinngemäss ergänztc, das dann beydteyl ouch darumb fu̍r unns zuͦ erlu̍trung kommen und wes wir unns daͧru̍ber erkennen, gemeinlich oder der merteil,
das sy dem beydersyt leben und statt tuͦn soͤllen, aͧn all widerred.
Und zuͦ besluß aller obgeschribner dingen, haben wir unns luter harinn uß krafft unnser loblichen fryheiten
und des geswornen brieffs vorbehallten, das wir und unnser naͧchkommen soͤlich unnser erkanntnu̍ß, ordnung und ansechen alzit bessern, meren, mindern und enndern mogen,
durch nutz und notdurfft unnser gemeinen statt und des gemeinen nutzes, ye naͧch gelegenheit der loͤiffen und gestalt der sach, ob wir unns des gemeinlich oder der merteil
uff unnser eyd erkennen, all gevaͤrd und arglist genntzlich vermitten.
Und des zuͦ waͧrem und vesten urkunde, so haben wir unnserer gemeinn statt sygell offenlich tuͦn henncken
an disen brieff, der geben ist an sambstag naͧch sannct NiclausPerson: , des heilgen bischoffs, tag, als man zalt von der geburt Cristi, unnsers lieben herren, tusennt vierhunndert und nuntzig jaͧreOriginaldatierung: 11.12.1490.
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite:]
PfisterOrganisation:
[Vermerk auf der Rückseite von späterer Hand:]
Bestettigung [der zunftt]Beschädigung durch verblasste Tinte, sinngemäss ergänztd frygheitt
[Vermerk auf der Rückseite von späterer Hand:]
AoAnno 1490Originaldatierung: 1.1.1490 – 31.12.1490

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH B II 5, fol. 64r: gesetzt und.
  2. Beschädigung durch Falt, sinngemäss ergänzt.
  3. Beschädigung durch Loch, sinngemäss ergänzt.
  4. Beschädigung durch verblasste Tinte, sinngemäss ergänzt.
  1. Für die Ordnung der Brotschauer vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 17-1.