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SSRQ ZH NF I/1/3 86-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 86-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich betreffend Redefreiheit im Rat

ca. 1516 – 1518.

Es wird geordnet, dass niemand den Bürgermeistern, Zunftmeistern und Mitgliedern des Kleinen oder Grossen Rats, wenn sie im Rat nach ihrer Meinung gefragt werden und sie diese äussern, ins Wort fallen oder ihnen aufgrund ihrer Wortmeldung Feindschaft entgegenbringen darf. Sofern ein Bürgermeister, Oberstzunftmeister oder Statthalter Schweigen gebietet, ist dem Folge zu leisten. Wer gegen diese Ordnung verstösst, wird des Rates verwiesen und darf in dem Geschäft, das gegenwärtig verhandelt wird, nicht mit abstimmen. Nach der Abstimmung hat der Bürgermeister, Oberstzunftmeister oder Statthalter zu fragen, welche Strafe dem fehlbaren Ratsmitglied auferlegt werden soll.

  • Signatur: StAZH B III 6, fol. 25r
  • Originaldatierung: ca. 1516 – 1518
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 24.0 × 32.0
  • Sprache: Deutsch

  • Signatur: StAZH B III 2, S. 341, Eintrag 2
  • Originaldatierung: 1515 (Datierung aufgrund der Schreiberhand)
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 24.0 × 33.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Joachim vom Grüth, Unterschreiber der Stadt Zürich

Bei der vorliegenden Ordnung handelt es sich um einen der frühesten Belege für den Ablauf der Ratsverhandlungen im vormodernen ZürichOrt: . Sie ist Teil der an dieser Stelle erstmals verschriftlichten Geschäftsordnung des RatsOrganisation: (für weitere Bestandteile der Geschäftsordnung vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 83-1; SSRQ ZH NF I/1/3 84-1; SSRQ ZH NF I/1/3 85-1).

Für die Verhandlungen des Kleinen RatsOrganisation: im 16. Jahrhundert ergeben sich weitere Anhaltspunkte aus der annalistischen Chronik des Säckelmeisters Bernhard SprüngliPerson: (ZBZ Ms J 35). Spätere Ordnungen des 17. Jahrhunderts legen nahe, dass der Ablauf der Verhandlungen im Wesentlichen unverändert geblieben war (StAZH B III 5, fol. 105 IIIr).

Dem ranghöchsten Anwesenden im Kleinen RatOrganisation: kam die Sitzungsleitung zu, in den meisten Fällen also dem Bürgermeister. Er erteilte bei der Verhandlung eines Geschäfts seinen Kollegen der Reihe nach das Wort, wobei die Würde des bekleideten Amtes sowie die Anciennität die Reihenfolge bestimmten. Es stand jedoch im Ermessen des Sitzungsleiters, von dieser Reihenfolge abzuweichen. Nach Beendigung einer solchen Umfrage wurde entweder durch Handerheben abgestimmt oder aber eine zweite Umfrage eingeleitet. Sah der Kleine RatOrganisation: vorläufig von der Entscheidung eines Geschäfts ab, konnte er es zur weiteren Beratung an einen Ausschuss oder aber an den Grossen RatOrganisation: weiterleiten.

Das im Rahmen der vorliegenden Ordnung verfolgte Ziel, gesellschaftliche Konflikte aufgrund von Wortmeldungen im RatOrganisation: zu verhindern, wurde namentlich auch dadurch verfolgt, dass der Inhalt der Verhandlungen grundsätzlich für geheim erklärt wurde (vgl. dazu den Eid der neuen Ratsmitglieder sowie die Ordnung der Stadt Zürich für die Geschäfte des RatsOrganisation: : SSRQ ZH NF I/1/3 35-1; SSRQ ZH NF I/1/3 182-1).

Zu den Verhandlungen im RatOrganisation: vgl. Weibel 1996, S. 23; Hauswirth 1973; allgemein zu den Geschäftsordnungen des RatsOrganisation: vgl. Sigg 1971, S. 121-123.

Editionstext


Wie das niemas dem andren, so er gefragt wirt,
sol reden in sinen rat und so ein burgermeister,
obristmeister oder statthalter heissent
schwigen, das a–ein yeder sol schwigenTextvariante in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32v; B III 5, fol. 72r: man es thuͤye–a


Wir ordnent, setzent unnd erkennent unns ouchAuslassung in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32v; B III 5, fol. 72rb vestenglich
unnd wollent umb friden, ruwen, vernunft und ordenlichen
weßens willen, wenn unnd als dick es sye, under den retenOrganisation:
oder burgernOrganisation: ein frag an ein burgermeister, an einen des ratsOrganisation: ,
an einen zunftmeister oder an einen der zweyhunderten
des großen ratsOrganisation: kumpt, was denn derselb, an dem ye die frag
ist, umb jeglich sach rat, redt oder erteilt, das inn by sinem
eidt unnd sinen eren duncktTextvariante in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32 v; B III 5, fol. 72r: beduncktc das best, das demselben in sin
red, in sin urteyl noch inn sinen rat nieman fallen unnd
inn ouch darumb niemand vechden noch hassen sol Textvariante in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32 v; B III 5, fol. 72r: wederd mit wortten
noch mit wercken, in keinen weg.
Unnd wenn ein burgermeister,
obristermeister oder stathalter heissent schwigen, sol Textvariante in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32 v; B III 5, fol. 72r: inene ein yeder
inenAuslassung in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32 v; B III 5, fol. 72rf gehorsam sin, unnd wer wider obgemelte unnser gesetzt
yemer tuͦt, so dick das beschicht, der sol von stunden an ußgestellt
werden unnd umb die sach, darinn er solich unwesen und ungehorsami brucht, nit meren.
Unnd wenn die hoptsach hinu̍ber
ist, darumb man gefragt unnd geradtschlaget hat, sol ein
burgermeister, obristermeister oder statthalter, wëlcher dann
da ist, ein frag haben umb die buͦß unnd straff, deß, so ußgestelt
ist unnd solich unwesen unnd ungehorsami hat gebrucht. Und
was im dann zuͦ buͦß unnd straff wirt uffgelegt, erKorrigiert: esg sye an lib
oder guͦt oder sunst, das sol er dulden, unnd wir all einander dabi
handthaben unnd schirmen.

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32v; B III 5, fol. 72r: man es thuͤye.
  2. Auslassung in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32v; B III 5, fol. 72r.
  3. Textvariante in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32 v; B III 5, fol. 72r: bedunckt.
  4. Textvariante in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32 v; B III 5, fol. 72r: weder.
  5. Textvariante in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32 v; B III 5, fol. 72r: inen.
  6. Auslassung in StAZH B III 2, S. 341; B III 4, fol. 32 v; B III 5, fol. 72r.
  7. Korrigiert: es.