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SSRQ ZH NF I/2/1 122-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 122-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Vergleich zwischen der Stadt Winterthur und dem Rektor der Pfarrkirche Peter Kaiser

1482 Mai 2.

Hartmann Rordorf, Ritter, und Heinrich Stapfer, Mitglieder des Rats von Zürich, schliessen einen Vergleich zwischen dem Schultheissen und Rat von Winterthur und dem Rektor der Pfarrkirche Peter Kaiser. Sie handeln im Auftrag des Bürgermeisters und Rats von Zürich als Inhaber des Patronats der Pfarrkirche Winterthur. Der Rektor soll eine geeignete Person als Leutpriester oder Helfer einsetzen (1). Der Leutpriester und abwechselnd einer der drei Priester, die dem Rektor zu Diensten sind, sollen in der Adventszeit täglich Beichte abnehmen (2). In der Fastenzeit soll täglich die erste Beichte von dem Leutpriester und einem der drei Priester und die zweite Beichte von allen vier abgenommen werden. Bei Bedarf soll der Rektor zwei weitere Priester zur Unterstützung beiziehen. Jeder von ihnen kann sein Beichtgeld behalten (3). Die Kapläne in der Pfarrkirche dürfen die Opfergaben behalten. Wer seine Pflichten gegenüber der Kirche nicht einhält, den kann der Rektor bestrafen und mit dem Bann belegen, bis er gehorsam ist, gegebenenfalls kann der Rektor den Schultheissen und Rat um Unterstützung bitten (4). Der Rektor soll sich dafür einsetzen, dass der Streit wegen der Orgel beigelegt wird (5). Die Aussteller siegeln.

  • Signatur: STAW URK 1518
  • Originaldatierung: 1482 Mai 2
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 48.0 × 24.0 (Plica: 6.5 cm)
  • 2 Siegel:
    1. Hartmann RordorfPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, gut erhalten
    2. Heinrich StapferPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, gut erhalten
  • Sprache: Deutsch

  • Signatur: StAZH E I 30.144, Nr. 2
  • Originaldatierung: 17. Jh.
  • Überlieferung: Abschrift (Doppelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 20.0 × 34.0
  • Sprache: Deutsch
  • Signatur: winbib Ms. Fol. 27, S. 105-106
  • Originaldatierung: Mitte 18. Jh.
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 24.0 × 35.5
  • Sprache: Deutsch

Ende April 1463 wurden Schultheiss und Rat von WinterthurOrt: Organisation: von der Stadtherrschaft beauftragt, nach dem Tod des Rektors Konrad von ReischachPerson: dem Bischof von KonstanzOrt: Peter KaiserPerson: aus KemptenOrt: als Nachfolger zu präsentieren (TLA Libri fragmentorum, Bd. 5, fol. 119r). Bald darauf wies der Bischof den Dekan des WinterthurerOrt: KapitelsOrganisation: an, KaiserPerson: einzusetzen, der ihm nun aber nicht von städtischer Seite, sondern durch Ritter Jakob TrappPerson: präsentiert worden war, den Landvogt EleonoresPerson: , der Frau Herzog Sigmunds von ÖsterreichPerson: (Krebs, Investiturprotokolle, S. 994). Ihr war WinterthurOrt: 1457 als Pfand verschrieben worden (Thommen, Urkunden, Bd. 4, Nr. 209). Herzog AlbrechtPerson: hatte aber die Pfarrkirche mit Zustimmung seines Bruders, Kaiser Friedrichs III.Person: , und seines Cousins, Herzog SigmundsPerson: , schon im Jahr 1456 der von ihm gegründeten Universität Freiburg im BreisgauOrt: Organisation: inkorporiert (UAF A1/0120; Edition: Riegger 1773, S. 423-426; Regest: REC, Bd. 4, Nr. 12697). Daher musste SigmundPerson: der Universität eine Abfindung zahlen (UAF A1/0162). Am 26. Mai 1464 gelobte Peter KaiserPerson: als neuer Rektor die Einhaltung seiner Pflichten gegenüber dem Schultheissen und Rat von WinterthurOrt: Organisation: (STAW URK 1108).

Zwischen dem neuen Rektor und den Kaplänen der Pfarrkirche kam es bald zu Differenzen. Er warf ihnen mangelnde Pflichterfüllung vor, kritisierte ihr Benehmen in der Kirche («geschwaͤtz» und «unfuͦr») und ihren Lebenswandel. Auch der RatOrganisation: fürchtete die Beeinträchtigung des Gottesdiensts und der Seelsorge durch nachlässige Kapläne, intervenierte beim Bischof (STAW B 2/3, S. 7) und billigte disziplinarische Massnahmen des Rektors wie den Entzug der Opfergelder (STAW B 2/3, S. 189; Edition: Ziegler 1900, S. 67). Auch Anfang der 1480er Jahre führte KaiserPerson: vor dem Generalvikar der KonstanzerOrt: Kurie Prozesse gegen mehrere Kapläne um den Bezug der Opfergelder, die er ihnen nur zugestehen wollte, wenn sie bei den Messfeiern assistierten (STAW AM 182/5). Nun wollte die städtische Obrigkeit solche Konfiszierungen nicht mehr tolerieren. Sie forderte den Rektor auf, ungehorsame Kapläne zu melden, und versprach, diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben anzuhalten. Den Mesmer wies sie an, ohne ihre Erlaubnis keinem Priester das Opfer vom Altar zu nehmen (STAW B 2/3, S. 469). In der Gottesdienstordnung von 1488 wurden die Pflichten der Kapläne schliesslich detailliert geregelt (SSRQ ZH NF I/2/1 152-1). Zu diesen Konflikten vgl. Ziegler 1900, S. 66-76.

Editionstext


Wir, dis nachbenempten Hartman RordorffPerson: , ritter, und Heinrich StapfferPerson: , beid des raͧts Zu̍richOrt: Organisation: , tuͦnd kunt allermenglichem mit disem brieff:
Als sich zwu̍schent den fromen, wisen schulthessen und raͧt ze WintterthurOrt: Organisation: an einem und dem wirdigen und ersamen hern Petter KeiserPerson: , kilchherren daselbs ze WintterthurOrt: , an dem andern teile ettlich irrung, spenn und stoͤss, die genanten kilchherye beru̍rende, und wie die an inen selbs gewesen sind, begeben und gemacht hand und mit denen sy fu̍r die strengen, fu̍rsichtigen, ersamen und wisen burgermeister
und raͤte der statt Zu̍richOrt:
Organisation:
, unser lieben und gnedigen herren, und als lechenherren der genanten kilchherye komen, von denen gnu̍gsamklich und eigenlich, und wie jede parthy des gegen
der andern rechtlich getru̍wt zegeniessen, in soͤlichem gehoͤrt, und wir von den selben unsern herren von Zu̍richOrt: zu inen und der sach geschiben sind mit ernstlicher bevelhnisse zwu̍schen
inen ze arbeiten und allen vliss anzekerent, ob wir sy in soͤlichen iren spennen gu̍tlich und mit irem wissen und willen gerichten und betragen moͤchtent, von des wegen wir beid
obgenant parthyen fu̍r uns genomen und je sovil zwu̍schent inen gesuͦcht und gearbeit, das wir sy in dem mit ir wu̍ssen und willen gericht und vereynt hand in form
und maͧss, als hie nach von stuck ze stuck eigenlich begriffen wirt und dem also ist:
Des ersten, das der genant kilchherr zuͦ einem lu̍tpriester oder helffer hinfu̍r einen priesterlichen,
verstandnen, wissenhafften und togenlichen selsorger und versecher zuͦ dem leben und zuͦ dem tod nemen sol, des er und die statt WintterthurOrt: gen gott und der welt ere, lob und nutz habint und
damit die fromen lu̍t gen gott und der welt wol besorgt syent.
Zuͦ dem andern, das sin lu̍tpriester oder helffer in dem adventDatum: Termin/Frist alle tagWiederholte Zeitspanne: 1 Tag zuͦ bicht sitzen und bicht hoͤren und der dryerMenge: 3 priestern
einer, die dem kilchherren wartten soͤllent, och also tegenlichenWiederholte Zeitspanne: 1 Tag zuͦ bicht sitzen und die hoͤren, und das under den selben dryMenge: 3 priestern umb gaͧn, das es je am dritten tagWiederholte Zeitspanne: 3 Tage an ir einen komen
sol.1
Zuͦ dem dritten so soͤllent der lu̍tpriester oder helffer und der dryerMenge: 3 einer in der vastenDatum: Termin/Frist die ersten bicht teglichenWiederholte Zeitspanne: 1 Tag, wie vorstaͧt, bicht zehoͤren sitzen und zuͦ der andern bicht in der vastenDatum: Termin/Frist
soͤllent der lu̍tpriester oder helffer und die dryMenge: 3 vorgemelten, sy alle, bicht zehoͤren sitzen. Und ob es an den vierenMenge: 4 nit gnuͦg were, die lu̍t ußzerichten, das der kilchherr zuͦ den vierenMenge: 4
zwenMenge: 2 setzen, die mit den letsten bichten die lu̍t versechint und helffint usrichten. Und was jeglichem zuͦ bichtgelt geben wirt, das im das beliben sol.
Zuͦ dem vierden, das den
capplaͤnen der kilchen das, so inen geopffert wirt, beliben und nit genomen werden sol. Und ob dero deheiner anders taͤtte, denn er der kilchen schuldig wer zetuͤnd, umb das
mag ein kilchherr die straͧffen und mit dem bann gehorsam machen, das sy tuͤgint, was jeglicher schuldig sye. Und ob im der ban nit eben zebruchen wer, das er denn ein schulthesse
und raͧt
Organisation:
mag anruͤffen, im helffen die gehorsam ze machen, das sy tuͤgint, das sy schuldig sind, und im och die, so er das an sy vordret, hilfflich sin soͤllent, sy gehorsam ze machen.

Und zuͦ dem fu̍nfften haͧt sich der kilchherr begeben von der orgulen wegen, darinne das best zetuͤnd nach sinem vermoͤgen, und das sy da mit einandern gericht
und betragen sin soͤllent. Und ob sich dehein unwille in dem begeben hett, das der ab wesen und diser u̍bertrag anderm, so das instrument innhalt, unvergriffenlich
und unschedlich sin sol.
Und des alles zuͦ warem, vestem urku̍nd so habent wir, obgenanten Hartman RordorffPerson: , ritter, und Heinrich StapfferPerson: , unsre insigel als taͤdinglu̍t offennlich gehenckt an disen brieff, der geben ist uff den andern tag des manods meyen, do man zallt von Cristi, unsers lieben herren, gepurt viertzechenhundert achtzig und zwey jaͧreOriginaldatierung: 2.5.1482.
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von :]
Der vertragsbrieff vonn unnsern herren vonn Zu̍richOrt: geben,
antreffendt unnsern herren, den kilcherren
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 18. Jh.:]
Anno 1482Datum: 1482 a

Anmerkungen

  1. Hinzufügung auf Zeilenhöhe von Hand des 19. Jh.: 2 MaiDatum: 2.5.1482.
  1. Nach Laurenz BosshartPerson: handelte es sich bei diesen drei Priestern um die Inhaber der Nikolaus-Pfründe, der Heiliggeist-Pfründe und der Marienpfründe (Bosshart, Chronik, S. 327).