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SSRQ ZH NF I/1/3 103-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 103-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Auftrag von Bürgermeister, Räten, Zunftmeistern und Grossem Rat der Stadt Zürich zur Anlage einer neuen Stadtrechtssammlung

1516.

Bürgermeister, Räte, Zunftmeister und der Grosse Rat, genannt die Zweihundert, der Stadt Zürich erklären unter Anrufung der Heiligen Dreifaltigkeit, dass sich ein Gemeinwesen nicht nur durch Wehrhaftigkeit, sondern auch durch gute Polizei, Recht, Ordnungen und Satzungen auszeichnet. Sie beauftragen deshalb unter Berufung auf das Herkommen und die der Stadt Zürich von Kaisern und Königen des Reichs verliehenen Freiheiten, und nachdem das städtische Polizeirecht, die Ordnungen, Gewohnheiten und das Herkommen bis anhin unsystematisch aufgezeichnet waren und zum Teil veraltet sind, Ritter Felix Grebel, Matthias Wyss und Niklaus Setzstab als Vertreter des Kleinen Rats sowie Kaspar Murer, Balthasar Spross und Hans Schönenberger als Vertreter des Grossen Rats zusammen mit den Stadtschreibern das städtische Regiment, Recht, Statuten, Ordnungen und Gewohnheiten aus den alten und neuen Büchern zusammenzutragen und in einem Buch systematisch aufzuzeichnen, zu verbessern und zu ergänzen. Nachdem diese Stadtrechtssammlung durch die Verordneten erstellt und den Auftraggebern zur Prüfung vorgelegt worden ist, erklären diese die darin enthaltenen Satzungen für gültig, behalten sich jedoch für die Zukunft Änderungen vor.

  • Signatur: StAZH A 43.1.3, Nr. 8
  • Originaldatierung: 1516 (Datierung aufgrund der Schreiberhand sowie des Inhalts)
  • Überlieferung: Aufzeichnung (Einzelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 21.0 × 32.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Joachim vom Grüth, Unterschreiber der Stadt Zürich

Die vorliegende Aufzeichnung stellt die Vorrede zum Entwurf des Satzungsbuches der Stadt ZürichOrt: dar, fand aber letztlich keinen Eingang in dessen endgültige Fassung (StAZH B III 6).

Im Jahr 1516 hatte der RatOrganisation: eine Kommission eingesetzt, um Vorschläge für eine klarere Trennung der Kompetenzen zwischen KleinemOrganisation: und Grossem RatOrganisation: sowie dem StadtgerichtOrganisation: zu erarbeiten (StAZH B VI 246, fol. 25r). Die Angehörigen dieser Kommission werden auch in der vorliegenden Aufzeichnung genannt. Im Zuge dieser Arbeiten, die gemeinsam mit Stadtschreiber Kaspar FreiPerson: und Unterschreiber Joachim vom GrüthPerson: erfolgten, wurde über den ursprünglichen Auftrag hinaus ein umfangreicher Entwurf einer Stadtrechtssammlung erarbeitet, der in zwei Heften erhalten ist (StAZH A 43.1.5, Nr. 1; StAZH A 43.1.5, Nr. 2). Am 8. Mai 1518 erhielt eine Kommission den Auftrag, das Ergebnis zu begutachten und Vorschläge für allfällige Änderungen zu erarbeiten (StAZH B VI 246, fol. 290v).

Das daraus resultierende Satzungsbuch stellte zu diesem Zeitpunkt den bislang systematischsten Versuch einer Stadtrechtssammlung für ZürichOrt: dar. Neben neuerer, seit dem späten 15. Jahrhundert entstandener Gesetzgebung enthält es auch eine beträchtliche Anzahl älterer Erlasse. Es steht in der Nachfolge der Geschworenen Briefe von 1489 und 1498, in deren Anhängen besonders wichtige Bestimmungen gesammelt und laufend ergänzt wurden (SSRQ ZH NF I/1/3 27-1; SSRQ ZH NF I/1/3 58-1). Im Gegensatz zu diesen war das Satzungsbuch nicht allmählich entstanden, sondern folgte einem in sich relativ geschlossenen Gesamtkonzept. Es wirkte damit beispielhaft für weitere ähnliche Rechtssammlungen, wie das von Stadtschreiber Werner BeyelPerson: angelegte «Schwarze Buch» von 1539-1541 (StAZH B III 4).

Die vorliegende Aufzeichnung zeichnet sich aus durch weitreichende Überlegungen zur Bedeutung von Recht im Zusammenleben der Stadtgemeinde. Auffällig ist namentlich die Verwendung des Begriffs der «policy», wobei es sich um einen der frühesten Belege für dieses Konzept in ZürichOrt: handelt (Largiadèr 1920, S. 6).

Eine federführende Rolle bei der Anlegung des Satzungsbuches dürfte Unterschreiber Joachim vom GrüthPerson: gespielt haben. Von seiner Hand stammen die vorliegende Aufzeichnung sowie der Entwurf zum Satzungsbuch. Durch ihn verfasste, im Entwurf zum Satzungsbuch enthaltene Randnotizen lassen auf eine aktive Teilnahme an den Beratungen der Kommission schliessen. Im Anhang zum Geschworenen Brief von 1498 notierte er zudem stichwortartige Überlegungen zur Erstellung einer neuen Stadtrechtssammlung (StAZH B III 2, S. 378-381).

Zu Entstehung und Inhalt des Satzungsbuches vgl. Weibel 1988, S. 132-148; Largiadèr 1932, S. 42-43; zu vom GrüthPerson: vgl. HLS, Grüth, Joachim vom.

Editionstext


In dem namen der wurdigen, heligen und hochgelopten drivaltigkeit, gott des vatters, gott des sunes und gott des heligen geistes, amen.
Wir, der burgermeister, die reͣt, die zunfftmeister und der a großrat, so man nempt die zweyhundert, der statt Zu̍richOrt: Organisation: , thuͦnd kundt allen gegenwu̍rtigen und ku̍nfftigen, wann das ist, das gmeiner nutz
und ein yeder stat nit allein wirt enthallten durch manhaffte
und krieg, damit man gwalt vertribt, besonnder ouch durch
guͦt pollicien, recht ordnungen und satzungen, damit der
unrechtlichen ancleger und u̍beltetigen menschen boßheit
und unrecht wirt ußgeru̍dt, das wir in betrachtung
deß, ouch unser statt Zu̍richOrt: loblich, erlich und althar kommen
uß krafft unsers regiments, ouch der loblichen fryheiten,
damit wir und unser statt Zu̍richOrt: von dem heligen richOrganisation: ,
RoͤmischenOrt: keysern und ku̍ngen gefrygt sind, habent
fu̍r uns genomen b unser statt pollicy, recht, stattut,
ordnungen, gewonheiten und althar komen, die bißhar
unordenlich sind beschryben geweßen und zum teil veraltet,
zuͦ ernu̍weren und daruff den strengen, fromen, vesten,
fu̍rsichtigen, ersamen, wyßen, unsern besondern getru̍wen,
lieben ratsfru̍nden und burgern, her Felix GrebelPerson: , ritter,
her Mathis WyßenPerson: und meister Niclaus SetzstabPerson: von unserm
kleinen ratOrganisation: und Caspar MurerPerson: , Balthasar SprossenPerson: und
Hans SchoͤnenbergPerson: von unserm großen ratOrganisation: , befolhen, mit
unsern stattschrybern soͤlich unser statt regiment, recht,
stattut, ordnungen und gewonheiten allenthalb uss unsern
alten und nu̍wen bu̍chern zuͦ samen zesuͦchen und die
ordenlich in ein buͦch zuͦ beschryben, ouch die zuͦ bessern
und ander satzungen und ordnungen darzuͦ zesetzen, nach dem
und sy bedu̍chte diser zit guͦt und nodt zesind und demnach soͤlichs alles wider an uns zuͦ bringen.
Und so nu
die bemellten sechsMenge: 6 man uns solichs habent u̍berantwtu̍berantwurt
und wir das c von einem an dz ander eigentlich gehoͤrt, habent wir uns darumb mit guter vernunfft und
vorbetrachtung, d diewil
wir soͤlichs alles guͦt, gerecht und uns gefellig hannd erfunden,
erkent, geordnet, gesetzt und woͤllent, das nunhinfu̍r solich
pollicien, recht, fryheit, stattut, ordnungen und gewonheiten,
wie die durch bemellt sechsMenge: 6 man sind zuͦsamen gesetz
und an dises buͦch beschryben, guͦt krafft und macht
habint yetz und hyenach, die tru̍wlich und steͣtt werdint [S. 2]Seitenumbruch und darnach von uns geregiert und gericht, damit e–einem yedenHinzufügung oberhalb der Zeile–e dest
gemesser geregiert und gericht werd.
Doch so behaltend wir uns hiyerinn luter vor, dis unser regiment
recht ordnung, satzung und ernu̍werung zemindren,
ze meren und zeerlu̍tren, f wie, wo und wenn dz
uns bedunckt unser statt nodt und guͦt zesind, wie wir
dess dann loblich gefrygt sind, ye nach gestallt der zit
und louͤffen und gelegenheit der sachen, so offt unnd
dick wir deß under reͣten und burgernOrganisation: des reͣtig und
eins werdent und sust sol hinder uns und on unser wu̍ss[en]Beschädigung durch Riss, sinngemäss ergänztg
soͤlicher endrung enkeine beschehen.
Und so gott
der allmechtig aller ding ein anfang ist und si[n]Beschädigung durch Riss, sinngemäss ergänzth
lob und ere vor allen dingen gon und gesetzt sol we[rden]Beschädigung durch Riss, sinngemäss ergänzti,
darumb so syg dz erst gesetzt.1
[Vermerk unterhalb der Zeile von Hand des 18. Jh.:] Erkandtnuß wegen zusammen schreibung eines statt rechtes.

Anmerkungen

  1. Streichung: burger.
  2. Streichung: soͤlich.
  3. Streichung: gehoͤrt.
  4. Streichung: erkent, geordnet und gesetzt, das.
  5. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  6. Streichung: oder mer.
  7. Beschädigung durch Riss, sinngemäss ergänzt.
  8. Beschädigung durch Riss, sinngemäss ergänzt.
  9. Beschädigung durch Riss, sinngemäss ergänzt.
  1. Dieser letzte Satz war mutmasslich als Überleitung zum ersten Eintrag des Satzungsbuches gedacht, der Ordnung der Stadt ZürichOrt: für den jährlichen Kreuzgang nach EinsiedelnOrt: (SSRQ ZH NF I/1/3 80-1).