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SSRQ ZH NF I/1/3 46-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 46-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Zunftbrief der Zunft zur Zimmerleuten

1490 Dezember 11.

Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich bestätigen kraft der ihnen verliehenen Freiheiten und des Geschworenen Briefes der Zunft zur Zimmerleuten ihre hergebrachten Rechte. Zur Zunft zur Zimmerleuten gehören die Handwerke der Zimmerleute, Maurer, Wagner, Drechsler, Holzkäufer, Fassbinder und Rebleute. Der Zunft steht es frei, vor den Stadtkreuzen ansässige Personen aufzunehmen, sie ist jedoch nicht dazu verpflichtet. Mitgliedern der Zunft ist es nicht erlaubt, sich in gewerblichen Angelegenheiten mit Teilhabern ausserhalb der Zunft zu verbinden. Witwen behalten das Zunftrecht, solange sie sich nicht wieder neu verheiraten, bei Wiederverheiratung verfügt der neue Ehemann nicht über einen Anspruch auf das Zunftrecht der Ehefrau. Zunftmitglieder dürfen sich untereinander keine Aufträge oder Kunden abwerben. Sofern einem Zunftmitglied ein Auftrag erteilt wurde, der Auftraggeber aber noch vor der Fertigstellung die Arbeit einem anderen Handwerker überträgt, hat dieser, bevor er mit der Arbeit beginnt, zum ursprünglich Beauftragten zu gehen und sich zu erkundigen, ob er für das bereits Geleistete entlohnt worden ist. Erst nach erfolgter Bezahlung ist er berechtigt, den Auftrag seinerseits anzunehmen. Wer gegen die in dieser Urkunde enthaltenen Bestimmungen verstösst, soll gegenüber der Stadt mit dem Betrag von einem Pfund und fünf Schilling gebüsst werden sowie zusätzlich der Zunft dieselbe Summe entrichten. Konstaffel und Zünfte sollen sich im Falle von Streitigkeiten an Bürgermeister und Rat wenden, ohne deren Zustimmung sie nicht berechtigt sind, an den ihnen bestätigten Rechten etwas zu ändern. Die Aussteller siegeln mit dem Stadtsiegel.

  • Signatur: StAZH W I 5.1.4
  • Originaldatierung: 1490 Dezember 11
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 54.5 × 28.5 (Plica: 7.5 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Stadt ZürichPerson: , Wachs in Holzkapsel, rund, angehängt an Schnur, beschädigt
  • Sprache: Deutsch
  • Teiledition und Regest
    • QZZG, Bd. 1, Nr. 169/VIII

Bürgermeister und RatOrganisation: stellten die vorliegende Urkunde gemeinsam mit denjenigen für die anderen zwölf ZünfteOrganisation: sowie die KonstaffelOrganisation: aus. Es handelt sich dabei um die Bestätigung von Bestimmungen, die im Wesentlichen in den Jahren 1336 und 1431 erlassen worden waren (QZZG, Bd. 1, Nr. 3/i.11; Nr. 119/XIII). Im Gegensatz zu den anderen ZünftenOrganisation: ist für die Zunft zur ZimmerleutenOrganisation: jedoch weder das Original noch eine Abschrift des ersten Zunftbriefes von 1336 erhalten. Die in der vorliegenden Urkunde enthaltenen Bestimmungen betreffend Verbot der Abwerbung von Kunden sowie die nachträgliche Übertragung eines Auftrages an einen anderen Meister finden sich in einer Zusammenstellung der Satzungen aus den 1460er Jahren, auf welche die der Zunft beitretenden Handwerker ihren Eid abzulegen hatten (StAZH C I, Nr. 565; Edition: QZZG, Bd. 1, Nr. 156). Zur weiteren Überlieferung der Zunftbriefe und dem Zusammenhang mit dem kurz zuvor erlassenen Vierten Geschworenen Brief vgl. die Urkunde der KonstaffelOrganisation: (SSRQ ZH NF I/1/3 49-1).

Das Verhältnis der drei Handwerksgesellschaften der ZimmerleuteOrganisation: , KüferOrganisation: und MaurerOrganisation: , die unter dem Dach der ZimmerleutenzunftOrganisation: zusammengeschlossen waren, wurde in einem Beschluss das Jahres 1459 separat geregelt (StAZH W I 5.1.2; Edition: QZZG, Bd. 1, Nr. 151). Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts verfügten die drei Handwerke mit dem Haus zum Roten AdlerOrt: über ein gemeinsames Zunfthaus (Brühlmeier/Frei 2005, Bd. 1, S. 158-163; KdS ZH NA III.II, S. 66-78; für die Ordnung der dortigen Stubenknechte vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 178-1). Aufschlussreich für die Lohnverhältnisse der zum grossen Teil unselbstständig arbeitenden Bauhandwerker sind vor allem die periodisch erneuerten Handwerksordnungen der Zimmerleute und Maurer (für die Ordnung des Jahres 1484 vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 42-1).

Zur Geschichte der Zunft zur ZimmerleutenOrganisation: vgl. Meyer 1991; Strolz 1970, S. 1-35.

Editionstext


Wir, der burgermeister, der raͧtt und der groß raͧtt, so man nempt die zweyhundert der statt ZurichOrt: Organisation: , tuͦnd kundt und bekennen offenlich mit disem brieff, als dann wir uß krafft der loblichn
fryheyten, daͧmit wir von dem heilgen RoͤmschenOrt: richOrganisation: , keisernn und ku̍ngen erlich begaͧbet sind, unnser statt regimennt und ordnungen angesechen und gesetzt, ouch die ganntzen gemeindOrganisation: unnser
statt, rich und arm, durch gemeines nutzes, friden und ruͦwen willen, in Constaͧffel und zu̍nfftOrganisation: gesu̍ndert und geteilt und in soͤlichem geordnet haben, wie und wohin ein yeder burger und hindersaͧß
ZurichOrt: mit sinem lib und guͦtt dienen und gehoͤren sol, innhallt unnsers geswornen brieffs, ouch daͧby angesechen und erkennt haben, das wir die ConstaͧffelOrganisation: , all zu̍nfftOrganisation: und yede in sunders by iren
gerechtikeiten, guͦten gewonheiten und harkommen getru̍wlich schirmen und hanndthabenn und sy daͧby blyben laͧssen und des mit unnsernn brieffen und sygellnn besorgen und versichernn sollen.
Also,
demnaͧch und so wir zymmerlu̍tOrganisation: , murerOrganisation: , wagnerOrganisation: , traͤchselOrganisation: , holtzkoͤifferOrganisation: , vaßbinderOrganisation: und daͧrzuͦ raͤblu̍tOrganisation: , so in unnser statt wonhafft sind, in ein zunfft geordnet, so haben wir unns ouch erkennt und gesetzt,
erkennen, setzen und wellen in krafft diß brieffs, das soͤlich ir zunfft by allen und yeden ir gerechtikeiten, fryheyten, guͦten gewonheiten und harkommen bliben, sich deren gebruchen, niessen und befroͤwen
soͤlle und mit sunderheit haben wir den zu̍nffternOrganisation: der obgemellten zunfft uff ir anbringen und bitt zuͦgelaͧssen, das sy nit schuldig sin soͤllen, yemanns ir zunfft zuͦlichen oder daͧrin zuͦempfachen, der usserthalb den Kru̍tzenOrt: vor unnser statt wonhafft und gesessen ist, sy tuͤgen es denn gernn.
Ouch das ir dheiner in solicher zunfft keinen gemeinder usserthalb der zunfft haben noch nemen sol in dem, das ir
zunfft und gewaͤrb antrifft.
Ouch das ein witttwe, die einen zu̍nffter eelich gehebt haͧtt, ir zunfft behallten und die bruchen mag, so lanng sy in wittwen staͧt blibt, ob sy aber einen anndern man neme,
der nit ir zu̍nffter were, das dann der selb sich ir zunfft nit gebruchen noch die haben sol, er empfaͧche sy dann von inen als ein annder zu̍nffter.
Es sol ouch under inen dheiner dem anndern sine werck
oder sine kunden absetzen noch daͧruff stellen. Und ob dheiner uß ir zunfft yemans ein werck, welicherley hanndtwerch das were, ze machen angevanngen oder zu̍g darzuͦ bereit hette und dann einer
desselben ze wercken nit me woͤlte und einen anndernn daru̍ber bestallte, so sol der selb, so also bestellt wirdt, fu̍r den ersten tag hin daͧselbs nit me wercken, er sye dann vor zuͦ dem, so es angevanngen haͧt,
ganngen und hab inn gefraͧget, ob er by dem angevanngnen werck bezalt sye oder nit. Ist er dann bezalt, so mag er das werck fu̍rer wol ußmachen. Ist er aber nit bezalt, so sol er daͧselb nit me wercken,
aͧn des selben willen oder byß er sines verdienten lydlons bezalt wirdt.
Und daͧmit soͤlich unnser ordnung und ansechen uffrecht und redlich gehallten und dem also naͧch ganngen werde, so haben wir geordnet und gesetzt, were, das yeman fu̍rbaß soͤlichs u̍bersechen und dem anndern daͧwider in sin hanndtwerch oder gewaͤrb lanngen und das kuntlich wurde, der sol von yecklicher getaͧt zuͦbuͤß geben unnser
gemeinen statt ein pfundWährung: 1 Pfund fu̍nff schillingWährung: 5 Schillinge und der zunfft, daͧrin er gelannget hette, ouch ein pfundWährung: 1 Pfund fu̍nff schillingWährung: 5 Schillinge , als dick das zuͦschulden kumpt und sol man ouch soͤlich buͦß aͧn alle gnad inziechen
und deren nieman nu̍tz schencken.
Doch haben wir unss hieby eigentlich erkennt und gesetzt, das Constaͧfel und zu̍nfftOrganisation: dheine uff die anndern noch fu̍r sich selbs dheinen uffsatz tuͦn soͤllen noch mogen,
aͧn unnsern gunst, wu̍ssen und willen, und ob durch ConstaͧfelOrganisation: oder dheine der zunfftenOrganisation: einicher uffsatz beschechen were oder hinfur gethaͧn wurde, zuͤ abbruch und schaden gemeiner statt und des gemeinen
nutzes oder anndrer zunfften, das soͤlichs fu̍r unns kommen und wir, naͧch innhallt unnsers geswornen brieffs alzit macht und gewalt haben soͤllen, unns daru̍ber zuͦerkennen und wes wir unns dann
gemeinlich ober der merteil uff unnser eyd ye daͧrumb erkennen, das dann die ConstaͧfelOrganisation: oder zunfft, so es beruͤrt, genntzlich aͧn alle fu̍rwort und widerred daͧby bliben und dem uffrecht und erberlich nach
kommen.
Es sol ouch weder ConstaͧfelOrganisation: noch kein zunfft der anndernn keinen ingryff noch abbruch tuͦn an irem gewaͤrb und hanndtwerch, wider ir gerechtikeit, guͦt gewonheit und haͤrkommen. Ob aber deshalb
zwu̍schen der ConstaͧfelOrganisation: und einicher zunfft oder einer zunfft gegen der anndern spenn und irrung ufferwachsen wurden, das dann die ouch mit irnn spennen fu̍r unns kommen und was wir unns
gemeinlich oder der merteil darumb erkennen, das sy dann ouch daͧby bliben und dem naͧchkommen soͤllen. Wo aber ein sundrige person einicher zunfft in irnn gewaͤrb und hanndtwerch lanngen
und wider ir gerechtigkeit, guͦt gewonheit und harkommen daͧrinn griffen wurde, das dann die zunfft, deren soͤlicher ingriff bescheche, die selben person darumb pfenden und ir das verbieten mogen, als
das von alltem harkommen ist. Und ob dann die selb person meinen woͤlte, das sy zuͦ soͤlichem irem fu̍rnemen und bruch fuͦg hette und man sy deshalb nit pfenden noch verbieten soͤllte, das dann beydteil
ouch daͧrumb fu̍r unns zuͦ erlu̍trung kommen und wes wir unns daͧru̍ber erkennen, gemeinlich oder der merteil, das sy dem beydersyt leben und statt tuͦn soͤllen, aͧn alle widerred.
Und zuͦ beslu̍ß aller
obgeschribner dingen, haben wir unns luter harinn uß krafft unnser loblichen fryheyten und des geswornen brieffs vorbehallten, das wir und unnser nachkommen soͤlich unnser erkanntnuß, ordnung
und ansechen alzit bessern, meren, mindern und enndern mogen durch nutz und notdurfft unnser gemeinen statt und des gemeinen nutzes, ye naͧch gelegenheit der loͤiffen und gestallt der sach, ob
wir unns des gemeinlich oder der merteil uff unnser eyd erkennen, all gevaͤrd und arglist genntzlich vermitten.
Und des zuͦ waͧrem und vesten urku̍nde, so haben wir unnser gemeinen statt sigell offenlich tuͦn henncken an disen brieff, der geben ist an sambstag naͧch sannct NiclausPerson: , des heilgen bischoffs, tag, als man zallt von der geburt Cristi, unnsers lieben herren, tusennt vierhundert und
nuntzig jaͧre
Originaldatierung: 11.12.1490
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[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite:]
Zymmerlu̍t, binder
unnd murer
[Vermerk auf der Rückseite von späterer Hand:]
1490Originaldatierung: 1.1.1490 – 31.12.1490