check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF I/1/3 60-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 60-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich für die Durchführung von Nachgängen

1498.

Wenn sich in der Stadt Delikte ereignen, die aus Sicht des Kleinen Rates untersucht werden müssen, ist er befugt, von sich aus Zeugen in der Sache unter Eid einzuvernehmen, wobei diesen zuvor mitgeteilt werden muss, in welcher Sache sie befragt werden. Sofern sich keine anderen Zeugen finden, können auch die Konfliktparteien selbst einvernommen werden. Personen, die wegen Delikten, die Leib, Leben und Ehre betreffen, angeklagt und festgenommen werden, sollen die gegen sie erhobenen Vorwürfe mitgeteilt sowie ihre Verteidigung angehört werden. Dem in der Angelegenheit richtenden Rat steht es frei, Zeugenaussagen anzuhören und nach seinem Gutdünken zu handeln.

Als Nachgänge wurden Verfahren vor dem RatsgerichtOrganisation: bezeichnet, die nicht aufgrund einer Klage eröffnet wurden, sondern durch den RatOrganisation: von Amtes wegen eröffnet wurden (Offizialprinzip). Die Möglichkeit, von sich aus Untersuchungen einzuleiten, wird dem RatOrganisation: grundsätzlich schon im Richtebrief zugesprochen, die vorliegende Ordnung stellt jedoch die erste ausführliche Regelung des Verfahrens dar (SSRQ ZH NF I/1/1, S. 25). Sie wurde im Anhang zum Fünften Geschworenen Brief verschriftlicht, woraus sich ihre Datierung ergibt (Weibel 1988, S. 131).

Zum Nachgangsverfahren vgl. Malamud 2003, S. 85; Burghartz 1990, S. 64-66; zum Klageverfahren SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 37.

Editionstext


Wie hinfu̍r die nachgaͧn gehalten werden soͤllen


Ob einich fraͤvel, unzucht oder buͦßwirdig sachen tagsZeitspanne: tags oder nachtsZeitspanne: nachts fu̍rgienngen, do ein raͧttOrganisation: bedunckte, das dem nachganngen werden soͤlte,
das mag ein raͧtOrganisation: also an gloubwirdigen personen, die des ein wu̍ssen
haben, erkunnen und die darumb by den eyden vorhoͤren, doch das denselben zu̍gen vor und ee sy schweren, eroffnett und fu̍rgehallten, umb
was sach sy also gehoͤrt werden soͤllen.
Und ob man nit annder zu̍gen
findet, so mag man die secher selbs darumb by geschwornnen eyden [S. 347]Seitenumbruch
fragen und verhoͤren. Wo aber einer verclagt oder angenommen wurde umb
sachen, die im sin lib, leben oder ere beruͤren moͤchten, so sol im die sach
fu̍rgehallten und sin antwurt gehoͤrt werden. Und demnach mag der
raͧttOrganisation: , fu̍r den soͤlich sach kumpt, fu̍rer darinn hanndeln, es sye kuͤntschafft zuͦ hoͤren oder annders, ye nach gestallt der sach und als den
raͧttOrganisation: nottuͤrfftig und recht beduͤnckt.1

Anmerkungen

    1. Vgl. dazu auch die Ordnung für die Geschäfte des Kleinen RatsOrganisation: am Donnerstag (SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 85).