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SSRQ SG III/4 51-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud

Zitation: SSRQ SG III/4 51-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Stiftung und Ordnung von Graf Hugo XIII. von Montfort-Tettnang über die Amtspflichten eines Kaplans von Grabs

1455 November 10.

Graf Hugo XIII. von Montfort-Tettnang, Herr von Rothenfels, legt als Vormund seines Neffen Graf Wilhelm VIII. von Montfort-Tettnang die Amtspflichten eines Kaplans von Grabs fest, nachdem für einen solchen eine Pfründe gestiftet worden war. Der jeweilige Inhaber der Pfründe hat zweimal wöchentlich in der Kapelle St. Niklaus in der Stadt Werdenberg Messe zu lesen. Sollte aus herrschaftlichen oder kriegerischen Gründen ein sonntäglicher Kirchgang nach Grabs unmöglich sein, sollte der Kaplan auch am Sonntag dort Messe lesen, andernfalls in der Pfarrkirche Grabs. Zudem soll er bei der Sakramentspende dem Leutpriester helfen oder diesen vertreten, wofür er mit den entsprechenden Stolgebühren entschädigt wird. Bei Begräbnissen soll er gegen Entrichtung der Stolgebühren die Messe zelebrieren, bei Jahrzeiten auf Bitten des Leutpriesters oder der Gläubigen auch ohne Entschädigung. In der Pfarrkirche soll er nur zur gleichen Zeit wie der Leutpriester Messe zelebrieren. Die neue Pfründe darf dem Leutpriester nicht schaden.

Der Aussteller siegelt.

  • Signatur: LAGL AG III.2402:030
  • Frühere Signatur: LAGL 98N
  • Originaldatierung: 1455 November 10
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 40.5 × 25.5 (Plica: 6.0 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Graf Hugo XIII. von Montfort-TettnangPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, bestossen
  • Sprache: Deutsch

  1. Es ist die einzige Urkunde für die Grafschaft WerdenbergOrt: , die eine OrdnungBegriff: über die Amtspflichten eines KaplanBegriff: s enthält. Interessant ist die Urkunde auch in Bezug auf die Rolle des Kaplans und Priesters von GrabsOrt: in der Stadt WerdenbergOrt: . Zur Kapelle St. NiklausOrt: in der Stadt Werdenberg vgl. auch das Urbar der Kapelle SSRQ SG III/4 24-1 sowie Krumm (erscheint 2020), Die Kunstdenkmäler der Region Werdenberg, Kap. Gemeinde Grabs, Städtchen Werdenberg, die spätmittelalterliche Stadtgestalt, zur Frage nach dem Standort der Werdenberger Kapelle St. Nikolaus.

  2. Weitere Stiftungen: SSRQ SG III/4 16-1; SSRQ SG III/4 30-1; SSRQ SG III/4 42-1; SSRQ SG III/4 63-1.

Editionstext


Wir, Hug, grauff zǔ Montfort, herr zuͦ RôttenvelsOrt: Person: , bekennen offennlich fûr ûns und den wolgeborn, ûsern lieben vettern grauff Wilhelmen
von Montfort
Person:
, dez rechter gerhabBegriff: und trager wir sind, und tǔnd kunt menglich mit disem brief: Als denn billich wir und menglich genaigt sin söllen,
gotzdienstBegriff: zu fûrdern und ze uffenBegriff: , also haben wir und die armen lûtBegriff: , so denn in die pfarrBegriff: gen GrappsOrt: gehören, und insonders die armen lût mit ûnsern
gunst, wissen und willen umb dz ain capplânBegriff: und priesterBegriff: der capplonyBegriff: daselbz zu GrappsOrt: , gott, dem allmächtigen, und allem himelschen herre zu lob und
ere, gotzdienst dester baß volbringen mûge, ir gotz gâben geben und gelâssen haben an die ewigen meßBegriff: und priesters pfrondBegriff: , die daselbz in der obgenobgenannten
kirchen zu GrappsOrt: gestifftBegriff: , geordnetBegriff: und uffgesetzt ist in die wis und mâß, als hernâch geschriben und mergglich begriffen ist.
Ist also dez
ersten, dz ain jeglicher priester, welcher denn jetz daselbz capplân und priester derselben pfrondBegriff: ist oder herna̍ch wirdet, zwirent in der wochen
in der stattBegriff: WerdembergOrt: in Sant NïclausOrt: cappell meß sprechen und haben sol. Und ob ez sich machte von ainer herschafft oder durch kriegBegriff:
oder von anderer notturfft wegen, dz die in der statt WerdenbergOrt: davon nit wol komen könden ald möchten, daz denn derselb cappla̍n und priester
den sunnentagBegriff: oder den virtagenBegriff: ouch meß in der statt halten und haben und denn die andern tag zu GrappsOrt: in der obgenobgenannten pfarrkirchen,
allez ungevārlich.
Fûro ob sach were, daz er notturfft wûrde in tödenBegriff: ald zu andern ziten, daz man zuͦ den undertânen dez vorgenvorgenannten kilchspelBegriff: s
mit den sacramentenBegriff: gân müsti oder dz man kindBegriff: tôffenBegriff: wûrde und man den lūpriesterBegriff: daselben dennzuͦmâl nit gehaben möchte,
und man zú dem capplân keͣme und sölichs an in begerte, denselben sol er sölichs nit versagen und daz tuͦn in sölichen nötten; und was
man denn zǔmâl ainem lûpriester von der stolBegriff: wegen were zuͦ tünd, daz sol im denn zumâl volgen und werden ouch ungevȧrlich.
Me
sol ain jeglicher capplân der vorgedâchten pfrond zu hochzitBegriff: lichen tagen, sunnentagen und virtagen mit gedingd zuͦ der pfarrkirchen
zu GrappsOrt: meß halten und haben, ez were denn, daz er herren halb oder in kriegsnötten ald von ander sachen wegen in der statt meß müste halten
und haben, als denn obsta̍t. Und zuͦ sölchen hailgen tagen, ob ain lūtpriester wölte meß, mettyBegriff: ald vesperBegriff: singen, daby sol er ouch sin
und daz helffen und sust ist er zuͦ dehainer zit gebunden zu singen ouch allez ungevàrlich.
Es sol ouch ain jeglicher capplân der vorgedāchten
pfrond, wenn daz ist, daz man aïns mentschen grebtBegriff: begān welte, daz selb oder sin vordern in gotz gāben daran geben hetten oder
noch gäben, daby sol er ouch sin und meß haben und halten.
Ob in aber ain lūtpriester oder sust lût, die ir gotz gāben daran nit geben
hetten, bruchen welten, ez were zuͦ jârzitBegriff: en, sibenden ald drissigosten oder sust, der sol im so lieb darumb tuͦn, daz er meß halt
und sing und leß.
Ez sol oùch ain jeglicher capplân, welher jetz da ist oder noch wirt, wenn ain lūtpriester in der vorgedâchten
pfarrkirchen meß halt, ouch meß haben und weder vor noch nâch ungevârlich.
Mer so ist die obgentobgenannt ewig meß pfrond nit
anders gestifft noch geordnet dann der vordrigen lūpriesters pfrond unschädlich.
Und ouch also, dz ain lūtpriester nihtz dester minder
pflichtig und schuldig sin sol ze tünd, allez, daz er denn vor mâls ze tünd pflichtig und schuldig ist, allez getrûwlich und ungevàrlich.

Und dez allez zu wârem, offen urkūnde und stäter, ewiger sicherhait und belibnûße haben wir ūnser insigel zu wārhait dirre
sache offenlich lāssen hencken an disen brief, der geben ist am nechsten mentag vor sant OthmarPerson: s tag nāch ūnsers
lieben herren gepūrt viertzehenhundert und fûnf und fūnftzig jare
Originaldatierung: 10.11.1455
.
|Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 18. Jh.:]
Anstellung eines meßpriesters
zu GrabsOrt: und WerdenbergOrt:
1455
[Registraturvermerk auf der Rückseite:] No 98; N. 98. 6