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SSRQ SG III/4 56-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud

Zitation: SSRQ SG III/4 56-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Gerichtliche Zeugenaufnahme im Streit zwischen Graf Wilhelm VIII. von Montfort-Tettnant und denen von Griffensee über die Zugehörigkeit von Sevelen und den Rüttnern zum Werdenberger Gericht

1465 Oktober 7. Feldkirch

Vor Georg Stöckli (Jörg Stöcklin), Stadtammann in Feldkirch, erscheint Heinrich Gocham in Vertretung von Graf Wilhelm VIII. von Montfort-Tettnang wegen eines Rechtsstreits mit denen von Griffensee. Dazu wird von Ulrich Plattner, ehemals Vogt von Werdenberg, eine Zeugenaussage benötigt. Dieser antwortet durch seinen Fürsprech Arnold Meier, dass sein Vater vor fünfzig Jahren, dann dessen Schwager Heinrich Gocham, dann Jakob Gossolt und dann nochmals Heinrich Gocham, dann Klaus Vittler, Ammann ebendort, und dann Ulrich Plattner Vögte in Werdenberg gewesen seien. Während seiner Amtszeit gehörten sämtliche Bewohner, Leibeigene und Hintersassen, von Sevelen dem Werdenberger Gericht. Auch die Hintersassen mussten Abgaben und Frondienste in der Grafschaft Werdenberg leisten. Alle, auch die Hintersassen, leisteten die Dienste, ausgenommen die Rüttner, die Eigenleute derer von Griffensee sind. Sie wurden deshalb mit Pfändung und anderem dazu angehalten, gehorsam zu sein.

Als der Graf von Toggenburg die Herrschaft Sargans innehatte, fochten die Bewohner von Wartau und Sevelen miteinander einen Grenzstreit aus. Man zog den Streit vor Junker Hans von Ems als Schiedsrichter, der die Parteien einigte.

Einst schlug Riegel Ägidius Allrich tot, weshalb Ulrich Plattner, als Vogt von Werdenberg, zur Rechtsprechung angesucht wurde, was er aber auf Intervention des Grafen Heinrich II. von Werdenberg-Sargans unterliess. Danach wollten der Graf von Werdenberg-Sargans und der Graf von Montfort-Tettnang sich wegen der Gerichtszuständigkeit mit Peter von Griffensee vor einem Schiedsgericht einigen. Die drei Herren starben aber vor Austragung der Sache. Schlussendlich hat Ulrich Plattner den Totschlag gerichtet.

Der Aussteller siegelt.

  • Signatur: LAGL AG III.2409:014
  • Frühere Signatur: LAGL 36
  • Originaldatierung: 1465 Oktober 7
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 34.0 × 23.0
  • 1 Siegel:
    1. Georg Stöckli, Stadtammann in FeldkirchPerson: , angehängt an Pergamentstreifen, fehlt
  • Sprache: Deutsch

  1. Graf Wilhelm VIII. von Montfort-TettnangPerson: und Hans von GriffenseePerson: liegen in ZürichOrt: im Recht wegen der Gerichtszugehörigkeit der LeibeigenenBegriff: und HintersassenBegriff: von SevelenOrt: sowie der RüttnerOrganisation: als Leibeigene der Herren von GriffenseeOrganisation: , die als Hintersassen in St. UlrichOrt: in der Gemeinde SevelenOrt: wohnhaft sind, zum Werdenberger GerichtsbezirkBegriff: . Zur Austragung des Konflikts werden mehrere KundschaftenBegriff: aufgenommen. Ein abschliessendes Urteil oder ein abschliessender Schiedsspruch sind nicht überliefert. Aus den Kundschaften geht deutlich hervor, dass die RüttnerOrganisation: als Leibeigene der Griffenseer und als Hintersassen des Grafen dem Werdenberger Gericht zugehören und schon immer zugehört haben (vgl. dazu auch die beiden weiteren Kundschaften in der gleichen Streitsache: LAGL AG III.2409:013; AG III.2409:003). Wohl um weitere Konflikte zu vermeiden, kauft Wilhelm VIII. von Montfort-TettnangPerson: die RüttnerOrganisation: bzw. die GriffenseerOrganisation: Leibeigene um 300 Gulden noch vor 1471Datum: 1471 (SSRQ SG III/4 61-1, vgl. auch Gabathuler 2008, S. 186; SSRQ SG III/4 75-1).

  2. Die GriffenseerOrganisation: besitzen seit 1408Datum: 1408 Leute und Güter in der Grafschaft Werdenberg. Es handelt sich mehrheitlich um ehemaligen Besitz der Herren von Richenstein, der über Erbschaft und Kauf an Peter von Griffensee gelangt ist (zu den Herren von Richenstein und den Richensteiner Erben vgl. ausführlich Gabathuler 2008, S. 178–186): Am 31. Mai 1408Datum: 1408 Datum: 31.5.1408 übergibt Juditha (Guta) von EmsPerson: , Bürgerin von FeldkirchOrt: , ihren Anteil an den Eigenleuten in Werdenberg ihrer Schwester UrsulaPerson: und deren Ehemann Peter von GriffenseePerson: (Abschr. B: StAGR D VII B 284, S. 58). Am 23. Juli 1427Datum: 23.7.1427 kauft Peter von Griffensee für 1000Datum: 1000 Gulden von Ambrosius von PrassbergPerson: den ZehntBegriff: in MalansOrt: im Gretschinser KirchspielOrt: , Haus, Hof und Hofreite in der Stadt WerdenbergOrt: mit den dazugehörigen GärtenBegriff: und BaumgärtenBegriff: in und vor der Stadt, den GrabenOrt: und was dazu gehört unter der Stadt, den HinterhofOrt: am Grabser BergOrt: , den die LippunerOrganisation: inne hatten, den Hof am Grabserberg, den der «MinnenwiserOrganisation: » (Winnenwieser) inne hat, einen Hof SchönenbodenOrt: genannt, der an die Simmi stösst (StiBi SG Cod. 659, S. 408-411; vgl. dazu auch KA Werdenberg im OA Grabs Nr. 10-01). 1462Datum: 1462 verpfändet Hans von GriffenseePerson: Hans RüttnerPerson: von St. UlrichOrt: und seinen Schwestern für 20 Rheinische Gulden den ZehntBegriff: in BlattenOrt: im Seveler KirchspielOrt: , der einst seiner Vorfahrin Ursula von EmsPerson: gehört und über sie und Peter von Griffensee als ErbschaftBegriff: an ihn gekommen ist. Ursula von Ems hatte bereits einen Drittel des Hofs GeienhaldeOrt: und einen Drittel des Zehnten in Blatten Lienhard RüttnerPerson: , dem Vater der Käufer, verkauft (LAGL AG III.2410:012, siehe dazu auch LAGL AG III.2402:024 [1566]).

  3. Zu Griffensees Leuten vgl. SSRQ SG III/4 61-1; SSRQ SG III/4 100-1; SSRQ SG III/2.1, Nr. 66; Gabathuler 2008, S. 178–186; Gabathuler 2011, S. 246, 250; zu den Herren von Griffensee und ihrer Herrschaft im Sarganserland vgl. Rigendinger 2007, S. 84–86, 309–317, 446–453; SSRQ SG III/2.1, S. LXII, Nr. 24; Nr. 68; Nr. 83.

Editionstext

Ich, Joͤrg StoͤckliPerson: n, der zyt stattammanBegriff: zu VeltkirchOrt: , bekenn offennlich und tǔn kundt allermeͣnglichen mit dem brief, das uff hūtigen tag siner dǎte, da ich zuͦ VeltkirchOrt: in der statt offennlich zuͦ gericht gesessen bin, fu̍r mich und offenn verpannen gericht komen ist der erber Hainrich GochimPerson: an statt und in namen des wolgebornen herren, hern Wilhelms, grave zuͦ Montfort, herr zuͦ WerdenbergPerson: , mins gnaͤdigen herren, erzelende durch sinen erlaupten fursprechen Alexius BeckPerson: en, wie sin gnad mit den von GryffenseeOrganisation: ZurchOrt: im rechten laͤge der nachgemelten sachen halb sin gericht und herrlichayt zuͦ WerdenbergOrt: beruͤrende. Also wan nun Ulrich BlattnerPerson: auch vogt daselbs zuͦ WerdenbergOrt: geweͣsen, dem wol davon ze wissen, hierumb und diewyl denn der genant min gnaͤdiger herr, grǎf Wilhelm zuͦ MontfortPerson: , deshalb kundschafftBegriff: der warhayt notdurfftig. So begerte er von siner gnaden wegen, den genant Uͦlrichen BlattnerPerson: zuͦ unnderwysen, darumb ze sagen, sovil im der ding halb wisselich weͣr und im dann des glauplich urkund ze geben.
Dagen der genant Ulrich BlattnerPerson: durch sinen erlaupten fursprechen, Aͤrni MayerPerson: n, antwurt, was darumb recht weͣr, woͤlte er tuͦn. Damit bayd tail die sach hinzuͦ rechtlicher erkantnuß satzten. Hierumb frǎgt ich des rechten uff den ayd und ward zuͦ recht erkennt und gesprochen:
Diewyl der genant Ulrich BlattnerPerson: deshalb nit anndre fu̍rwort hett und nun kundschafft der warhayt, der gereͣchtikayt ze lieb, dem begeͣrenden nit versagt werden, so solte auch der genant Ulrich BlattnerPerson: der sach halb billich sagen, so vil er davon wisste und auch also, das er dieselben sin sag, ob des begert wurde, mit sinem aydBegriff: bestaͤten moͤchte.
Uff das stuͦnd dar der genant Ulrich BlattnerPerson: und sagt, wie es ob funfftzig jǎrenZeitspanne: 50 Jahre oder daby, das sin vater saͤlig vogt zuͦ WerdenbergOrt: waͤre, darnach wurde desselben sins vaters saͤligen schwǎger, Hainrich GochimPerson: ,1 auch vogt daselbs, nach demselben Jaͤck GossoltPerson: und da wider Hainrich GochimPerson: , darnach wurde Claus VittlerPerson: amman daselbs und nach im er, Ulrich BlattnerPerson: , auch vogt. Habe er allweg gehoͤrt und da er yetz gemelter manß vogt zuͦ WerdenbergOrt: waͤre, sye solichs och gewesen und von im also gehalten worden, das alle die, so zuͦ SefelenOrt: seßhafft, aigenlutBegriff: oder hindersaͤssenBegriff: , dem gerichtBegriff: zuͦ WerdenbergOrt: gehorsam waͤren, es waͤr von fraͤflinenBegriff: oder annder sach wegen. Darzuͦ waͤren auch die hindersaͤssen gen WerdenbergOrt: dienstBegriff: und tagwanBegriff: gehorsam ze tuͦn und widerte sich des nie niemand, dann etwan die Ru̇tnerOrganisation: , so den von GryffenseeOrganisation: zuͦgehorten, die wurden auch allwegen mit pfanndungBegriff: und annderm darzuͦ gehalten, das si auch gehorsam sin muͤsten.
Es wären auch uff ain zyt, als min herre von ToggenburgPerson: 2 SangansOrt: inn hett, die von WarttawOrganisation: an ainem und die von SefelenOrganisation: am anndern tayle mit ainannder in spennen als von wonn und waid wegen, derselben irrung verainten sich min herre von ToggenburgPerson: saͤliger als von der von WarttawOrganisation: wegen und min herre, graf Wilhelm von MontfortPerson: saͤliger, als von der von SefelenOrganisation: wegen zuͦ recht uff junckher Hannsen von EmpsPerson: 3 gemainBegriff: en.4 Do auch er, Ulrich BlattnerPerson: , von dem genanten grǎf WilhelmPerson: en als sin dienerBegriff: von der von SefelenOrganisation: wegen mit anndern erbern luten zuͦ dem rechttag a–der derKorrigiert aus: der–a sach halb, von dem benanten junckher Hannsen von EmpsPerson: gesetzt, geschickt wurd. Desglychen min herre von ToggenburgPerson: saͤliger siner gnaden amptlu̍t von der von WarttawOrganisation: wegen auch darzuͦ sanndten. Und als si zuͦ bayder syte vor dem genanten gemainen der sach halb all ir notdurfft furbraͤchten, also darnach uff ainen tag wurden si solicher spenne mit ainannder gericht und inen marckstainBegriff: gesetzt, die, als er nit annders wisse, noch da stannden.
Sich hab auch uff ain zyt, da er also vogt zuͦ WerdenbergOrt: gewesen sy, gefuͤgt, als der RigelPerson: Gilgen AlrigPerson: en lyblos taͤte, die im desselben Gilgen AlrigPerson: en klayderBegriff: geantwurt und er daby umb recht angeruͤfft wurd. Daruff er auch uber solichen todschlagBegriff: gericht haben woͤlte, denn das min herre, grǎf Hainrich von SangansPerson: saͤliger, so vil mit im reden, dadurch er solich gericht anstǎn ließ und damit nit volfüre. Darnach begaͤbe sich, das der genant min herre grǎf Hainrich von SangansPerson: und min herre grǎf Wilhelm von MontfortPerson: sich der sach halb ains rechten veraintenBegriff: uff min herren von BranndisOrganisation: saͤligen, des auch Peter von GryfenseePerson: und er inen ain anlaußBegriff: stalten, darvon inen baiden herren versigelt wurd. Aber ee die sachen zuͦ ustrag komen, syen die genanten herren all dry mit tod abgangen. Und aber darnach hab er, Ulrich PlattnerPerson: , als ain vogt zuͦ WerdenbergOrt: , die sachen mit gericht und diensten gehalten in allermäß, wie obstaut und von alter herkomen sye.
Das alles sagt er auch so hoch und tu̍r, als im ain warhayt ze sagen gepu̍rt. Und uff des egenanten Hainrichen GochimPerson: s begerung taͤt auch der genant Uͦlrich PlattnerPerson: solich sin sag bestaͤten mit sinem aydBegriff: , den er darumb mit uffgebotten vingernBegriff: zu gott und den hailigen schwuͦrBegriff: .
Diser sag und gerichtes begert der genant Hainrich GochimPerson: dem egenanten minem gnädigen herren, graf Wilhelmen zu MontfortPerson: , ainen brief, der im ze geben erkennt ist under minem insigel. Hierumb gib ich sinen gnaden disen brief mit denselben minem angehenckten insigel, doch mir und minen erben ôn schaden, besigelt uff mentag vor sant DionisiusPerson: und siner gesellen tag nach CristiPerson: geburt vierzehenhundert sechzig und in dem fünfften jarenOriginaldatierung: 7.10.1465.

Anmerkungen

  1. Korrigiert aus: der.
  1. Heinrich GochamPerson: ist 1428Datum: 1428 und 1437Datum: 1437 als Vogt in Werdenberg belegt. Er ist eher nicht identisch mit dem oben erwähnten Heinrich GochamPerson: , der 1462Datum: 1462 als Ammann von Werdenberg belegt ist.
  2. Zur Zeit des Schiedsspruchs 1434Datum: 1434 ist Friedrich VII. von Toggenburg Pfandinhaber der Grafschaft Sargans (SSRQ SG III/2.1, S. XLIX).
  3. Im Schiedsspruch vom 7. September 1434Datum: 7.9.1434 (SSRQ SG III/2.1, Nr. 46) Hans Ulrich von Ems genannt.
  4. Vgl. dazu den Spruchbrief vom 7. September 1434Datum: 7.9.1434 (SSRQ SG III/2.1, Nr. 46).