SSRQ ZH NF II/3 55-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 3: Die Landvogtei Greifensee, von Rainer Hugener
Zitation: SSRQ ZH NF II/3 55-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Begehren der Garner, Netzer und Berer auf dem Greifensee
1519.
Stückbeschreibung
- Signatur: StAZH C I, zu Nr. 2505 b
- Originaldatierung: 1519 Überlieferung: Aufzeichnung
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 23.5 × 31.5
- Sprache: Deutsch
Kommentar
Die vorliegende Aufzeichnung entstand vermutlich in Zusammenhang mit der Erneuerung der Fischereinung im Jahr 1519 (SSRQ ZH NF II/3 56-1). Möglicherweise widerspiegelt sich in den Aussagen sogar ein Konflikt um die Neufassung, indem die Garner lieber «by dem alten einung» bleiben wollten, während die Netzer und Berer die «jetzige einung» – also wohl eben die erneuerte Version – begrüssten.
Die Fischer am GreifenseeOrt: waren hierarchisch in zwei Gruppen gegliedert. Die Garner, die mit Zuggarnen beziehungsweise Schleppnetzen fischten, hatten mit ihrer Fangmethode die höchsten Erträge und mussten daher auch höhere Abgaben an den Vogt zahlen, gemäss Einung nämlich Hechte im Wert von 480 Pfennig (SSRQ ZH NF II/3 17-1, Art. 2). Ihnen nachgestellt waren die Berer, die mit sogenannten Beren – also reusenartigen Körben – fischten. Sie hatten dem Vogt lediglich Hechte im Wert von 120 Pfennig abzuliefern. Bei den hier ebenfalls genannten Netzern handelte es sich vermutlich um Fischer, die nicht mit Korbreusen, sondern mit Netzreusen fischten und daher den Berern gleichgestellt waren. Das Verhältnis der Garner zu den Berern und Netzern entsprach somit genau demjenigen von Huben und Schupposen bei der Landbewirtschaftung (Amacher 1996, S. 158).
Gemäss einem Nachtrag zur Fischereinung gab es im Städtchen GreifenseeOrt: zwei Zuggarne, von denen eines nach dem Alten Zürichkrieg jedoch unbesetzt blieb und daher nach UessikonOrt: verlegt wurde (SSRQ ZH NF II/3 21-1, Art. 29). Gemäss Zeugenaussagen existierte daneben noch ein drittes Garn in MaurOrt: (StAZH A 85, Nr. 4). Aus einer anderen Kundschaft geht hervor, dass das Garn von UessikonOrt: später teilweise an Fischer aus RiedikonOrt: abgetreten wurde, wohingegen die Fischer von GreifenseeOrt: es nun zurückverlangten, wie es in der Einung ausdrücklich vorbehalten sei (StAZH C I, Nr. 2505 b).
Editionstext
nach berer verclagen, nach begerent jemantz uͤtzet
ab zebrechen oder uff zesetzen etcAbkürzung. Allein ist ir
bit und beger, daß man sy by irem altem harkomen
blyben lasse, also daß ein vogt gwalt habe, wen
die brachsem im fang und vor handen syen, daß
er inen erloͧbe, die brachsem dann zemal ze fahen.1
Ob aber daß nit sin wil, daß dann die berer und
netzer oͧch ab gschlagen sye, facher, a berer
und netzer uff die matten, in die wysen und
b–nuͤw grabenHinzufügung am linken Rand mit Einfügungszeichen–b zemachen, sonder in den alten faͤchern blyben.2
alle mittel blybe etcAbkürzung.
see komme (dann er sust uͤber setz sye) (an miner
herren wissen und willen).
sy under dem yß nit fischen doͤrffen, daß dann die
netzer und berer under dem yß oͧch nit fischen
soͤllen.
Berer, netzer
see beschehen soͤlte, daß man inen verguKorrektur überschrieben, ersetzt: edntte,
von sant MartisPerson: tagDatum: 11. November (Termin/Frist) bis osternDatum: beweglicher Feiertag als Termin/Frist die netzen
an einem firabentZeitspanne: abends ze setzen und am drytten tagZeitspanne: 3 Tage
uß zenemen, dann daß wasser dero zyt so kalt ist, daß eß wol
erlyden mag
e–bis mittem abrellenDatum: 16. April (Termin/Frist), f–ober aberKorrigiert: ob aber–f die schwalen
nit in rechtem fang werent, daß dann der
vogt gwalt habe zuͦ erloͧben oder zuͦ vorbieten,
je nach gstalt der sachHinzufügung unterhalb der Zeile mit Einfügungszeichen–e.3
einung blyben lasse etcAbkürzung.
Anmerkungen
- Streichung: und.↩
- Hinzufügung am linken Rand mit Einfügungszeichen.↩
- Streichung, unsichere Lesung: dann den ne.↩
- Korrektur überschrieben, ersetzt: e.↩
- Hinzufügung unterhalb der Zeile mit Einfügungszeichen.↩
- Korrigiert: ob aber.↩
- Die Garner berufen sich hier vermutlich auf Artikel 22 und 23 in den Nachträgen zur Fischereinung (SSRQ ZH NF II/3 21-1, Art. 22-23 und SSRQ ZH NF II/3 22-1, Art. 22-23).↩
- Die Uferzone als Grenzgebiet zwischen Land und Wasser war ein ständiges Konfliktfeld. So kam es verschiedentlich zu Streit zwischen den Berufsfischern und Bauern, die bei Überschwemmungen auf ihren anstossenden Äckern fischten oder Gräben für den Fischfang anlegten (SSRQ ZH NF II/3 109-1).↩
- Gemäss Artikel 27 in den Nachträgen zur Fischereinung dauerte die eigentliche Fischerei-Saison jeweils von Ostern bis Martinstag (11. November) (SSRQ ZH NF II/3 21-1, Art. 27 und SSRQ ZH NF II/3 22-1, Art. 27).↩
Regest