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SSRQ ZH NF I/2/1 6-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 6-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Schenkung eines Grundstücks mit Kapelle und Friedhof an das Siechenhaus in Winterthur durch Herzog Rudolf von Österreich

1287 Mai 24. Kyburg

Herzog Rudolf von Österreich, der Sohn König Rudolfs, überträgt den Leprösen auf dem Feld bei der Stadt Winterthur das Grundstück, auf dem die Kapelle steht, und den angrenzenden Friedhof. Er erlässt denjenigen, welche die Ländereien bebauen, zwei Viertel Weizen der jährlich fälligen Zinsabgaben.

  • Signatur: STAW URK 10.1
  • Originaldatierung: 1287 Mai 24
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 17.5 × 8.5 (Plica: 2.0 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Herzog Rudolf von ÖsterreichPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, gut erhalten
  • Sprache: Latein
  • Edition
    • UBZH, Bd. 5, Nr. 1988

  • Signatur: STAW URK 10.2
  • Originaldatierung: 17. Jh.
  • Überlieferung: Übersetzung (Einzelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 16.5 × 21.0
  • Sprache: Deutsch

Es war verbreitete Praxis, Aussätzige, das heisst Menschen, die an Lepra erkrankten oder vergleichbare Symptome entwickelten, in sogenannten Siechenhäusern von der übrigen Bevölkerung zu separieren. Verdachtsfälle mussten gemeldet werden, die Betroffenen wurden einer Untersuchung unterzogen. Zur Entwicklung der Leprosorien vgl. Reicke 1932, 1. Teil, S. 312-325; zur vormodernen Diagnostik und Terminologie vgl. Riha 2007. Bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts behaupteten die Pfleger des Siechenhauses in KreuzlingenOrt: Organisation: mit Unterstützung der Bischöfe von KonstanzOrt: ihre Zuständigkeit für die Siechenschau im Bistum, vgl. Müller 2007, S. 52-53; Sutter 1996, S. 35-39, 44-48; Reicke 1932, 2. Teil, S. 261. Am 14. November 1491 ordnete der Rat von ZürichOrt: Organisation: infolge von Missbräuchen an, dass verdächtige Personen im städtischen Herrschaftsgebiet nur noch von den eigenen Beschauern begutachtet werden durften. Aus WinterthurOrt: sollte niemand mehr nach KonstanzOrt: geschickt werden (SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 52). Bei einem positiven Befund (vgl. z. B. Hauser 1901, Beilage 2, S. 58, aus dem Jahr 1516) wurden die Betroffenen von der städtischen Obrigkeit in ein SiechenhausOrganisation: gewiesen. Leprose, die über eigene Mittel verfügten, erhielten je nach Vermögen eine einfache oder besser ausgestattete Pfrund mit entsprechender Verpflegung, vgl. Sutter 1996, S. 49-62; Hauser 1901, S. 35-36, 44-45.

Nördlich der Stadt WinterthurOrt: , auf freiem Feld, lag das SiechenhausOrganisation: mit der dem heiligen GeorgPerson: gewidmeten Kapelle und einem Friedhof. Die Schenkung Herzog Rudolfs von ÖsterreichPerson: ist der früheste Beleg für die Existenz dieser Einrichtung. Das Patronatsrecht der Kapelle verlieh Herzog AlbrechtPerson: , RudolfsPerson: Bruder, am 15. Juni 1298 dem WinterthurerOrt: Bürger Stefan HopplerPerson: (UBZH, Bd. 7, Nr. 2445; vgl. auch SSRQ ZH NF I/2/1, Nr. 43). Zwei Jahre später gewährten mehrere Bischöfe in RomOrt: allen einen Ablass, welche die Kapelle an bestimmten Feiertagen aufsuchten, für ihre Ausstattung spendeten, die dort lebenden Kranken und Armen unterstützten oder den Priester der Kapelle, der den Kranken die Kommunion brachte, begleiteten (UBZH, Bd. 7, Nr. 2576). Im Jahr 1425 übertrugen die HopplerOrganisation: die Kapelle dem Chorherrenstift HeiligbergOrt: Organisation: (STAW URK 621). Die Chorherren hielten dort wöchentlich drei Messen ab (Bosshart, Chronik, S. 314). Nach der Reformation sollte den Siechen sonntags und einmal unter der Woche gepredigt werden (vgl. StAZH B IV 19, fol. 143r). Zu der Pfründe und ihren Inhabern vgl. Walser 1944, S. 51-53.

Schultheiss und Rat von WinterthurOrt: Organisation: liessen das SiechenhausOrganisation: durch einen Pfleger verwalten, 1366 findet man beispielsweise Rudolf HofmannPerson: von WinterthurOrt: in dieser Funktion (STAW URK 187). Gemäss den Angaben des Hans ErnstPerson: aus dem Jahr 1692 besetzte der Kleine RatOrganisation: dieses Amt aus den eigenen Reihen (winbib Ms. Fol. 264, S. 142). Einer Aufzeichnung des Siechenpflegers über seine Aufwendungen zufolge, die wohl ins letzte Drittel des 16. Jahrhunderts zu datieren ist, waren eine Köchin, eine Untermagd, eine Wäscherin und ein Schröpfer im SiechenhausOrganisation: beschäftigt (STAW AC 27/3; Edition: Hauser 1901, Beilage 4, S. 63-64). Viele Stiftungen waren den Siechen gewidmet, vgl. Hauser 1901, S. 11-16, 20-21, 24, 26-27. Besonders erwähnenswert sind die Zuwendungen des Erhard von HunzikonPerson: , vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 213-1; Hauser 1901, S. 28-31. Über die Einkünfte der Einrichtung gibt unter anderem ein 1479 angelegtes Verzeichnis Auskunft (STAW B 3e/47), vgl. die Zusammenstellung bei Hauser 1901, S. 25-26.

Editionstext


RudolfusPerson: dei gragratia AustrieOrt: et StirieOrt: dux, KarnioleOrt: et MarchieOrt: dominus, comes de HabsburgOrt: et de
KiburgOrt: , AlsacieOrt: lantgravius, serenissimi domini RRudolfiPerson: RomanorumOrganisation: regis filius, universis presentes litteras inspecturis noticiam subscriptorum, attendentes immo certum habentes, quod ea, que personis miserabilibus divine pietatis intuitu impendimus, gramgratiam in presenti et gloriam impetrant in futuro.
Igitur nosse volumus universos, quod nos,
miserabilium personarum leprosorum in campis prope WinterturOrt: indigentiam advertentes, eisdem aream, in
qua capella est edificata, cum cimiterio dicte capelle adiuncto pure et simpliciter propter deum contulimus perpetuo et pacifice possidendam. Cultoribus camporum dicte capelle et cimiterio adiacencium, qui
pro tempore fuerint, annuatimWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr duo quartalia triticiVolumenmass: 2 Viertel Weizen pro dicta area census nobis debiti defalcamus.1

Dantes has nostras litteras in testimonium super eo, datum KiburgAusstellungsort: , in vigilia penthecostes, anno domini
mo cco lxxxo septimo
Originaldatierung: 24.5.1287
.
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 14. Jh.:]
De orto circa capellam sancti GeoriiPerson:
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 19. Jh.:]
Anno 1287Datum: 1287

Anmerkungen

    1. Diese Zinsreduktion wird auch im sogenannten Habsburgischen Urbar erwähnt (Habsburgisches Urbar, Bd. 1, S. 326).