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SSRQ ZH NF II/11 55-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, von Ariane Huber Hernández und Michael Nadig

Zitation: SSRQ ZH NF II/11 55-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ratsurteil im Konflikt zwischen der Gemeinde Wipkingen und dem Keller des Fraumünsteramts betrefffend die Einzäunung und Nutzung des Gehürsts durch denselben

1532 April 24.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich urteilen im Konflikt zwischen der Gemeinde Wipkingen sowie Hans Meyer, dem Keller des Fraumünsteramts, um die Nutzung eines Guts namens Gehürst. Während die Gemeinde Wipkingen das Gehürst als ihr Eigentum ansieht, erklärt Meyer, dass sein Vorgänger, Heinrich Habersaat, vor sechzehn Jahren von den Wipkingern das Recht erlangt habe, dieses Gut jeweils bis zum Verenatag (1. September) zu nutzen. Da Meyer der Kelnhof zu denselben Bedingungen verliehen worden sei, stehe dieses Recht jetzt ihm zu. Unter Verweis auf ein Urteil vom 21. Oktober 1516, wonach die Nutzung jeweils bis zum Verenatag dem Keller, danach aber der Gemeinde Wipkingen zustehe, entscheidet der Rat, dass dieses Urteil gültig sein soll und die Passage im Wipkinger Gemeinderodel, die das Gehürst als ihr Eigentum bezeichnet, gestrichen werden soll. Die Aussteller siegeln mit dem Sekretsiegel.

  • Signatur: StArZH I.A.618.
  • Originaldatierung: 1532 April 24
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 37.5 × 25.0
  • 1 Siegel:
    1. Stadt ZürichPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, beschädigt
  • Sprache: Deutsch

Es ist nicht klar, auf welchen Gemeinderodel sich die Klage der Gemeinde WipkingenOrt: Organisation: stützt. Die Offnung von ca. 1481 (SSRQ ZH NF II/11 36-1), die um die Reformationszeit erneuert wurde (StArZH III.B.37., fol. 17r-19r), enthält keine entsprechende Bestimmung. Ohnehin enthalten die Offnungen von WipkingenOrt: keine Regelungen zum Weidgang; diese Themen scheinen an anderer Stelle geregelt worden zu sein (vgl. SSRQ ZH NF II/11 50-1). Das Urteil vom 21. Oktober 1516 findet sich in den Rats- und Richtbüchern (StAZH B VI 246, fol. 101v), nähere Angaben zum Tausch zwischen WipkingenOrt: und HabersaatPerson: oder die erwähnte Urkunde von 1516 sind hingegen nicht überliefert.

Die Gemeinde WipkingenOrt: akzeptierte die Niederlage gegen den Keller um die Nutzung des GehürstsOrt: nicht und appellierte am 6. August 1532 an den RatOrganisation: , wurde aber abgewiesen (StArZH I.A.620). Am 8. Mai 1533 rekurrierte WipkingenOrt: abermals gegen das Urteil des RatesOrganisation: , wurde aber ein zweites Mal abgewiesen und vom RatOrganisation: zum Gehorsam ermahnt (StArZH I.A.625). Endgültig beigelegt wurde der Streit erst im August 1536 oder 1537, als die Gemeinde WipkingenOrt: auf alle Weiderechte im GehürstOrt: verzichtete und im Tausch dafür von den Pflegern des FraumünsteramtsOrganisation: 4 Jucharten Acker bei der Allmend und ½ Mannmad Heuwachs im LettenOrt: erhielt. Allerdings ist das Exemplar des FraumünsteramtsOrganisation: auf Montag nach Bartholomäus 1537 datiert (StArZH I.A.647), während laut der ansonsten gleichlautenden Ausfertigung für die Gemeinde dieser Tausch schon am selben Tag des vorangehenden Jahres stattfand (StArZH VI.WP.A.1.:7).

Editionstext


Wir, burgermeyster unnd rath der statt ZürichOrt: Organisation: , tuͦnd kund mengklichem mit diserm brieff, das für uns zuͦ recht kommen sind die unsern
von WypchingenOrt: eyns, unnd Hanns MeygerPerson: , der keller daselbs, mit bystand der pflegern unnd deß ammans zum Frowen MünsterOrganisation: alhie ZürichOrt: ,
siner leechen herren, annders theyls, deßwegen, das die gedachten von WypchingenOrt: vermeynen wolten, sidtenmal das guͦt unnd die
weyd, so mann nempt das GehürstOrt: , inn irem dorffrodel bestimpt unnd vergriffen, ouch ir eygenthuͦmb unnd sy von altem haͤr inn besitzung unnd nutzung gewesen unnd noch werind, solliche weyd mit irem vech, von dem keller daran ungesumpt, zebruchen, zenutzen
unnd zenyeßen, unnd doch gedacher keller sollichs inzuͦzünen, dar inn zebuwen unnd inen an sollichem weydgang und irer gerechtigkeyt widerbillichs, ouch wider gedachten iren geschwornnen rodel unnd andere gewarsami, so sy darumb hetten, intrag zethuͦn. Das
er dann von sinem fürnemmen zestan unnd sy an sollicher weyd fürer ungesumpt zelassen, ouch die wyter nit inzuͦzünen noch darinn
zebuwen mit recht gewisen werden soͤlte.
Dargegen aber genanter keller, mit bystand wievor, erzelt, das wylendt sin vorfar
Heyni HabersadtPerson: selig gedacht guͦt unnd weyde, das er die wol inhagen unnd friden, ouch jerlichWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr untz zuͦ sant FrenenPerson: tagDatum: 1. September (Termin/Frist) nach siner nodturfft buwen, nutzen unnd bruchen moͤchte, den gemelten von WipchingenOrt: wol vor sechstzechen jarenZeitspanne: 16 Jahre mit recht aberlangt, ouch
sollich guͦt darvor unnd sidhaͤr inn ruͤwiger besitzung, nutzung, gwalt unnd geweer ingehept unnd von denen von WipchingenOrt:
unnd sunst menngklichem daran ungesumpt genutzt unnd genossen hette, inn hoffnung, sidtenmal ime der hof mit allen den rechten
unnd zuͦgehoͤrungen, wie gemelter sin vorfaar Heyni HabersadtPerson: den besessen, gelichen und zuͦgestelt worden, das dann eyn gemeyn von
WipchingenOrt:
Organisation:
in ouch billich by vilgesagtem guͦt, so mann nempt das GehürstOrt: , ouch desselben besitzung und nutzung, deßglychen siner
altherbrachter, mit recht erlangter gerechtigkeyt belyben zelassen schuldig sin, ouch mit urteyl billich daran gewisen wurde.
Unnd so
nun wir die parthygen inn wytern iren clegten, anndtwurt, red unnd widerreden, deßglychen den ingelegten brieffen und gewarsaminen unnd allem irem fürwand mit wytern wordten, hie alls zemelden überflüßig, gnuͦgsammlich unnd nach aller nodturfft verhört unnd uß deren von WipchingenOrt: ingeleytenn urteylbrieff, deß dann wyset zinstags, der eylfftusent maͤgdenOrganisation: tag nach Cristi gepurt
gezelt tusent fünffhundert unnd im sechßzechenden jar
Datum: 21.10.1516
, wol verstannden, das vor den selben zyten eyn tusch unnd wechssel zwischen
denen von WipchingenOrt: unnd dem besitzer deß hofes daselbs gedachten GehürstsOrt: halb beschechen, da die von WipchingenOrt: demselben besitzer
das GehürsthOrt: tuschswyß zuͦo gestelt unnd sich mit anderem dargegen vernügen lassen, deßhalb domaln zwischen inen und gemeltem
HabersadtPerson: eyn urteyl uff die meynung vor uns ergangen, das die gemeynd von WipchingenOrt: Organisation: alweg nach sant FrenenPerson: tagDatum: 1. September mit irem gemeynen vech wol in das GehürstOrt: faren unnd den weydgang am selben end, wie das von altemhaͤr brucht ist, haben, nutzen und bruchen soͤlle.
Soferr aber HabersatPerson: sollichs nit erlyden unnd den tusch, wie der von denen von WipchingenOrt: beschechen ist, lieber welle laßen nüdt sin, das
er das ouch thuͦn unnd jeder theyl by dem, das vor sollichem tusch sin gewesen, belyben moͤge.1
Da so haben wir uns uff beyder theylen beschechenen rechtsatz zuͦ recht erkenth unnd gesprochen, sidtenmaln uß jetzgemelten urteyln unnd brieffen wol zuͦverstan, das das GehürstOrt: abgewechßlet unnd billich inn deren von WipchingenOrt: rodel domaln ußgethan worden sin solt, das dann der artikel inn jetzgemeltem rodel das
GehürstOrt: belangendt, doch dem zinß der drissig schilligenWährung: 30 Schillinge unvergriffen, uß und durch gethan werden unnd die ersternempten brieff und
urteyln, so im sechßzechenden jareDatum: 1516 vorernempt zwischen der gemeynd unnd dem HabersadtPerson: gangen, by crefften unnd beyd parthygenn
by denselben belyben, ouch denen geleben unnd benantlich ye zuͦ zyten eyn keller gemelt guͦt unnd GehürstOrt: jerlichWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr untz sant FrenenPerson:
tag
Datum: 1. September (Termin/Frist)
wol inzünen, schirmen unnd nach siner nodturfft unnd gefallen buwen, nutzen und bruchen, daran im die gemeynd untz zurselben
zyt keynen intrag thuͦn. So erst aber sant FrenenPerson: tagDatum: 1. September herüber unnd verschinen ist, alßdenn die gemeynd dasselb GehürstOrt: unnd den weydgang, wie obstat unnd obgeseyte urteyl zuͦgipt, bruchen unnd nutzen unnd ir gemeyn vech darinn weyden söllen unnd mögen, als das von
altem harkommen unnd brucht ist, von dem keller, so ye zuͦ zyten da wonen unnd den hof innhaben wirdt, gantz ungesumpt und inn alweg
unverhynndert.
Inn crafft diß briefs, der gemeltem keller uff sin beger mit unnser statt angehengktem secret insigel verwaret und geben
ist deß nechsten mitwuchs nach dem sontag jubilate nach ostern, nach Cristi gepurt gezelt tusent fünffhundert und darnach im
zweyunddrissegesten jare
Originaldatierung: 24.4.1532
.
[fol. v]Seitenumbruch

Anmerkungen

    1. Das Urteil ist in den Rats- und Richtbüchern überliefert (StAZH B VI 246, fol. 101v).