check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF I/1/3 145-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 145-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich betreffend Kompetenzenregelung zwischen Kleinem und Grossem Rat

1529.

Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich sollen gemeinsam über die folgenden Geschäfte entscheiden: Steuersachen, Kauf von Territorien, Bürgerrechtsverleihungen an auswärtige Fürsten und Adlige, Abschluss neuer Bündnisse, Kriegserklärungen, Wahl und Bestätigung von Bürgermeistern, von Mitgliedern des Kleinen Rats sowie von Zunftmeistern und Zwölfern, Verleihung der städtischen Ämter und Vogteien, Abfertigung der Gesandten auf die Tagsatzung sowie Prägen und Ändern der Münzen. Alle anderen täglich anfallenden Geschäfte, namentlich betreffend die Religion sowie betreffend Einzelpersonen, sollen künftig durch den Kleinen Rat entschieden und nicht mehr vor den Grossen Rat gebracht werden. Davon ausgenommen ist die Möglichkeit zur Anrufung des Grossen Rats, wie sie im Geschworenen Brief vorgesehen ist. Darüber hinaus kann der Kleine Rat stets den Grossen Rat bei denjenigen Angelegenheiten beiziehen, die er aufgrund ihrer Bedeutung nicht alleine entscheiden möchte, wie dies von alters her üblich ist.

  • Signatur: StAZH B III 2, S. 367
  • Originaldatierung: 1529 (Datierung aufgrund des vorangehenden Eintrags)
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 24.0 × 33.0
  • Sprache: Deutsch

  • Signatur: StAZH B III 4, fol. 51r
  • Originaldatierung: ca. 1539 – 1541
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 20.0 × 29.5
  • Sprache: Deutsch

Die vorliegende, undatierte Aufzeichnung findet sich unter den Nachträgen zum Geschworenen Brief von 1498 und wurde gemeinsam mit einem Zusatz zur Verordnung der Stadt ZürichOrt: betreffend verspätete Teilnahme an den Ratssitzungen eingetragen (StAZH B III 2, S. 366). Die hier ausformulierte Kompetenzenregelung erlangte offenbar längerfristige Gültigkeit, denn sie wurde im Wesentlichen unverändert auch in die Satzungsbücher des 17. Jahrhunderts übertragen (StAZH B III 5, fol. 90r).

Der Grundsatz, wonach der Kleine RatOrganisation: in gewichtigen Fragen der Aussen- und Bündnispolitik gehalten war, den Grossen RatOrganisation: oder sogar die gesamte BürgergemeindeOrganisation: in den Entscheid miteinzubeziehen, ist bereits im frühen 15. Jahrhundert nachzuweisen (Zürcher Stadtbücher, Bd. 1/2, S. 400-401, Nr. 269).

Im Zuge der Stärkung der Stellung des Grossen RatesOrganisation: im Anschluss an den Waldmannhandel erfolgte im Jahr 1489 die Festlegung einer Reihe von Geschäften, welche ohne dessen Mitsprache nicht entschieden werden durften (StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 36). Die vorliegende Aufzeichnung basiert auf der Satzung von 1489. Darüber hinaus drückt sich darin aber auch die während der Reformationszeit de facto vollzogene Machtkonzentration beim Kleinen RatOrganisation: aus, namentlich in Fragen der Religionspolitik. Im Anschluss an den Zweiten Kappelerkrieg konnte die ZürcherOrt: Landschaft erfolgreich durchsetzen, dass auch ihre Mitbestimmung bei Kriegs- und Bündnisfragen vertraglich verankert wurde (SSRQ ZH NF I/1/3 151-1).

Zur Aufteilung der Kompetenzen zwischen GrossemOrganisation: und Kleinem RatOrganisation: vgl. Weibel 1996, S. 18-19; Weibel 1988, S. 349; Ruoff 1941, S. 51; zur Einberufung der BürgergemeindeOrganisation: im 15. Jahrhundert vgl. Sieber 2001, S. 26; allgemein zum Kleinen RatOrganisation: während der Reformationszeit vgl. Jacob 1970.

Editionstext


a
Was sachen hinfüro an die cleynnenOrganisation: ,
dessglichen an die grossen retOrganisation: langen söllen


Wir habent unns erkenndt unnd wellent, das reͣtenOrganisation: und burgernOrganisation:
zuͦstan unnd für sy ze richten und entscheiden gehörren, uff die
statt und die iren einich stür zeleggen, lannd und lu̍th zuͦ kouffen
ald frëmbd herren unnd edellu̍t zuͦ burger zeempfachenn
ald nuw pu̍ndtnus und eymungenTextvariante in StAZH B III 4, fol. 51r; StAZH B III 5, fol. 90r: einungenb zuͦ machen oder krieg anzefachen, dessglichen burgermeister, rett, zunfftmeister und
zwölfferOrganisation: inn den grossen ratOrganisation: zuͦ erwellen und zuͦ bestetten, ouch
der statt eͣmbter unnd vogtyen zelichenTextvariante in StAZH B III 4, fol. 51r; StAZH B III 5, fol. 90r: zuͦverlychenc, zuͦ dem tagleistungen
zuͦ d fertigen und müntz zuͦ machen oder zeendern.
Sunst
all ander gmein täglichWiederholte Zeitspanne: 1 Tag zuͦ fallend sachen, die betreͣffend das
götlich wort, gmein ald sonnder personen an, nu̍dt ussgenomen, die söllend vor dem cleinen ratOrganisation: ußgetragen unnd
nit mer für raͤtOrganisation: oder burgerOrganisation: gebracht weͣrden, doch vorbehalten die züg luth des geschwornen brieffs, von dem cleynen ratOrganisation: fu̍r den grossen ratOrganisation: zethuͦnd.1
Darzuͦ, das die
cleinen reͣtOrganisation: je zuͦ zitenn die sachen, so innen allein uss zuͦrichten uberlegen unnd beschwerlich, für reͣtOrganisation: und burgerOrganisation:
wysen mögend, wie das von alter har kommen und gebrucht
worden ist.

Anmerkungen

  1. Hinzufügung am oberen Rand von späterer Hand: An eyn besunder blatt.
  2. Textvariante in StAZH B III 4, fol. 51r; StAZH B III 5, fol. 90r: einungen.
  3. Textvariante in StAZH B III 4, fol. 51r; StAZH B III 5, fol. 90r: zuͦverlychen.
  4. Streichung: machen.
  1. Der Geschworene Brief sprach ab 1489 den Oberstzunftmeistern als Mitgliedern des Kleinen Rats Organisation: das Recht zu, wichtige Geschäfte vor den Grossen RatOrganisation: zu bringen (SSRQ ZH NF I/1/3 27-1; SSRQ ZH NF I/1/3 58-1).