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SSRQ ZH NF I/1/3 35-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 35-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Eid der neuen Mitglieder des Grossen Rats der Stadt Zürich

1489 Mai 25.

Bürgermeister, Zunftmeister, Kleiner und Grosser Rat geloben, dass sie keine Angelegenheiten vor die Stadtgemeinde zur Entscheidung bringen, es sei denn, es handle sich um Sachen des Reichs, bei denen eine Mehrheit des Regiments sich zuvor für die Konsultation der Gemeinde ausgesprochen hat. Werden politische Entscheide gefällt, muss das, was die Mehrheit beschlossen hat, befolgt werden und die Minderheit hat sich ohne Widerrede zu fügen. Es ist verboten, ohne Erlaubnis interne Beratungen des Rats nach aussen zu tragen oder sich eigenmächtig zu einer separaten Schwurgemeinschaft innerhalb der Bürgerschaft zusammenzuschliessen. Wer dies tut oder in anderer Weise gegen den Geschworenen Brief und diese Ordnung verstösst, soll gegenüber Bürgermeister sowie Kleinem und Grossem Rat angezeigt werden. Die Unterlassung der Anzeige wird in selber Weise wie die Tat selber bestraft. Wer erstmals in den Kleinen oder Grossen Rat gewählt wird, hat die Einhaltung dieser Ordnung zu beschwören. Darüber hinaus soll er schwören, die Ehre des Reichs, den Nutzen und die Ehre der Stadt, die Ehre der Klöster und der Landschaft zu fördern, ein gerechter und unbestechlicher Richter für alle zu sein und sein Amtsgeheimnis zu wahren.

  • Signatur: StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 15-17
  • Originaldatierung: 1489 Mai 25 (Datierung aufgrund des vorangehenden Eintrags)
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 32.0
  • Sprache: Deutsch

Der vorliegende Eid, der zugleich eine Aufstellung der mit dem Amt verbundenen Pflichten und Verbote enthält, wurde erstmals im Anhang zum Vierten Geschworenen Brief verschriftlicht (StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 15-17). Die edierte Fassung findet sich im Anhang zum Fünften Geschworenen Brief des Jahres 1498 und ist von derselben Hand wie dieser, woraus sich die Datierung ergibt. Vermutlich während der 1520er Jahre strich ein Schreiber in der vorliegenden Aufzeichnung die Formulierung betreffend Wahrung der Ehre der Klöster und ersetzte sie durch eine der reformatorischen Lehre entsprechende Wortwahl. In dieser Form wurde der Eid in alle späteren Satzungsbücher bis ins 17. Jahrhundert unverändert übertragen, wobei auch die zentrale Nennung des ReichsOrganisation: innerhalb des Eids beibehalten wurde. Hier, wie in anderen Fällen auch, war somit die Fassung des Eides im Anhang des Fünften Geschworenen Briefes massgeblich für die spätere Überlieferung.

Zu Besetzung und Kompetenzen des Grossen RatsOrganisation: vgl. die beiden Geschworenen Briefe (SSRQ ZH NF I/1/3 27-1; SSRQ ZH NF I/1/3 58-1).

Editionstext


Dis nachgeschribenn stuck soͤllent alle die schweren,
die man under die burgerOrganisation: empfacht, und so eyner
diß einost schwert, bedarff er darnach dis, diewil er der burgernOrganisation: ist, nit mer schweeren

Wir, der burgermeister, raͧt, ouch zunfftmeister und der gross raͧt, den man nembt die
zweihundert der statt Zu̍richOrt:
Organisation:
, bekennen offenlich hiemit, das wir in lob des allmechtigen, ouch zuͦ nutz und eren unser und unnser ewigen nachkommen und gemeiner unser
statt geordnot und gesetzt haben, ewenclich, staͤt zuͦhalten, das wir hinnenthin
niemer mer enkeinerley sachen, die fu̍r unns komend, sy syent klein oder gross, fu̍r ein
gemeind Zu̍richOrt: Organisation: , es syen ConstaͧfelOrganisation: oder zu̍nfftOrganisation: , bringen soͤllen, in dehein wyse, es were
dann, das unns sachen ankemen, die das heilig RoͤmischOrt: richOrganisation: antreffen, soͤlich
sachen moͤgen wir wol fu̍r ein gemeind Zu̍richOrt: Organisation: bringen, ob wir uns des gemeinlich oder der merteyl under unns erkennen.
Und wes wir unns dann einhellenclich oder der merteyl under uns umb dehein
sach erkennend, richtend, ordnent oder setzend, das sol waͧr und staͤt beliben. Und
sol ouch umb jegclich sach der mynder teil dem merenteil folgen und daby
bliben, oͧn alle widerred. Und were, das unnser dheiner dhein sach, darumb
wir reden wurden oder redten, hinuss uss unsern raͧtOrganisation: , oͧn urlob, brechte und
das kundtlich wurde, von dem und denen soͤllen wir by unnsern eyden richten,
als wir unns naͧch gelegenheit der sach uff unnser eyd erkennen.
Were aber, das jeman, wer der were, der zuͦHinzufügung oberhalb der Zeilea unns gehoͤrt, wider unnsern geschwornen
brieff und wider dis, unnser erkanntnuss, dhein gsellschafft, gluͤpt oder samnung1
machoti oder machen welt, heimlich oder offennlich, oder wider dhein stuck, so [S. 317]Seitenumbruch
an unnserm geschwornen brieff oder in diser, unser erkanntnuss, vor oder naͧch geschriben staͧt, taͤte oder schuͤffe getaͧn werden, mit worten oder mit wercken, von
dem oder von den soͤllen wir unverzogenlich zuͦ irem lib und guͦt, bi unnsern
eyden, richten, nach unsers geschwornen briefs wisung. Were ouch, das sich jeman
an soͤlichen sachen verschulte, die sol jedermann einem burgermeister und raͧt, och den
zweyhunderten
Organisation:
by sinem eyd leiden und fu̍rbringen. Verschwige aber jeman soͤlich
sachen und das kuntlich wurde, der sol in den schulden sin, als der oder die, so die sachen
geton hannd.
Und welicher hinnenhin jemer under die raͤtOrganisation: oder die zweyhundertOrganisation: gesetzt wirt, es sye
von den ConstafelnOrganisation: oder den zunfftenOrganisation: , die soͤllent ouch schweren, dis erkanntnuss
und alle stuck und artickel, so darin geschriben stoͧnd, waͧr und staͤt zuͦhalten, och
des heiligen richsOrganisation: ere, der statt nutz und ere, der gotzhusernKorrektur von späterer Hand am linken Rand: heiligen cristenlichen kilchenb ere, des lannds ere
und zuͦ richten, was fu̍r sy kompt, dem armmen als dem richen und dem richen als dem
armmen, nieman zuͦ lieb noch zuͦ leid, und darumb kein miet zuͦnemmen, ouch zuͦverschwigen, davon schad oder gebrest kommen mag, es werde verpotten oder nit, on alle
geverd.

Anmerkungen

  1. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  2. Korrektur von späterer Hand am linken Rand: heiligen cristenlichen kilchen.
  1. Eine solche Schwurgemeinschaft war beispielsweise die Gesellschaft zum FuchsOrganisation: , die im Jahr 1386 verboten wurde (Sieber 2001, S. 23; Largiadèr 1961).