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SSRQ ZH NF II/3 107-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 3: Die Landvogtei Greifensee, von Rainer Hugener

Zitation: SSRQ ZH NF II/3 107-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ordnung der Fischer am Greifensee

1738 März 25.

Angesichts von Berichten über Missstände, die sich bei der Fischerei im Greifensee eingeschlichen haben und die den alten Regelungen widersprechen, erstellen die Rechenherren eine neue, auf der alten Einung basierende Ordnung, die den Fischern vom Greifensee alljährlich am Ostermontag in Beisein des Säckelmeisters und des Landvogts verkündet werden und von den Fischern nach altem Brauch beschwört werden soll. Behandelt werden unter anderem bestimmte Schonzeiten (1, 6, 13-14), Abgaben an den Landvogt (2), Massnahmen bezüglich Frischhaltung (3), das Fangen von Hechten (4, 8), Egli (5, 7) und Brachsen (12), die Grösse der Garne und Netze (9, 11) sowie die Anzahl von Reusen und Netzen (10). Die Fischer sind verpflichtet, sämtliche Fische auf dem Markt der Stadt Zürich zu verkaufen (15). Wer gegen diese Bestimmungen verstösst, wird vom Landvogt mit einer Busse von 5, 10 oder mehr Pfund bestraft (16). Der Rat behält sich vor, diese Artikel zu ändern, zu erweitern oder zu kürzen.

  • Signatur: StAZH B III 143, S. 1-18
  • Originaldatierung: 1738 März 25
  • Überlieferung: Aufzeichnung, Band (42 Blätter)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 16.0 × 20.5
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Rechenschreiber der Stadt Zürich

  • Signatur: StAZH B III 144, S. 1-18
  • Originaldatierung: 1738 März 25
  • Überlieferung: Entwurf
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 18.0 × 21.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Rechenschreiber der Stadt Zürich
  • Signatur: StAZH B III 145, S. 1-11
  • Originaldatierung: 1738 März 25
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 16.0 × 20.5
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Rechenschreiber der Stadt Zürich

Gegenüber der alten Fischereinung von 1428 (SSRQ ZH NF II/3 17-1) mit ihren zahlreichen Nachträgen (SSRQ ZH NF II/3 19-1, Nr. 21 und SSRQ ZH NF II/3 22-1) und den verschiedenen Neufassungen (SSRQ ZH NF II/3 56-1 und SSRQ ZH NF II/3 86-1) ist die vorliegende Ordnung viel kürzer und knapper formuliert. Inhaltlich lehnen sich die aufgelisteten Punkte zwar grösstenteils noch an die alte Einung an, doch wurden mehrere Artikel weggelassen (7, 10-11, 13, 15-16), während andere lediglich paraphrasiert oder nunmehr als generelles Verbot formuliert wurden (5, 9, 17-18). Bezeichnenderweise wird die vorliegende Fassung auch nicht mehr als genossenschaftliche «Einung», sondern als obrigkeitliche «Ordnung» betitelt. Der herrschaftliche Zugriff auf die Fischer vom GreifenseeOrt: und ihre althergebrachten Rechte war damit komplett. So behielt sich der Rat denn auch ausdrücklich vor, die Regelungen eigenmächtig zu ändern, zu kürzen oder zu erweitern.

Editionstext

Ordnung vor die fischere in dem GreiffenseeOrt: , ernëueret anno 1738Originaldatierung: 1.1.1738 – 31.12.1738, welcher beygefüget ist des see-knechts eydt im GreiffenseeOrt: , deßgleichen einiche ordnungen den GreiffenseeOrt: und Uster-BachOrt: etcAbkürzung betreffend

[S. 2]Seitenumbruch [S. 3]Seitenumbruch

Vorbericht

Nachdeme mein gnädig herren, die herren rechen-rätheOrganisation: , mißfällig vernemmen müßen, wie daß die zeit und jahr haro in dem GreiffenseeOrt: vielerley schädliche, denen alten wol abgefaßten ordnungen zu wieder lauffende mißbraüch [S. 4]Seitenumbruch eingeschlichen und sich ergeben, haben hochgedacht dieselbe eine ohnumgängliche nothwendigkeit, um dießeren die abhelffliche maß zugeben, zu seyn erachtet, folgende neüe, auß denen alten gezogene ordnung zumachen, welche alljährlichenWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr denen fischeren des GreiffenseesOrt: an dem ostermontagDatum: beweglicher Feiertag1 in bey seyn eines herrenSchriftwechsel seckelmeisters und herren landvogts vorgelesen und sie darüber von gedachtem herren seckelmeister in das hand gelübd nach bißharigem gebrauch genommen, auch ihnen alles ernsts angezeiget werden, daß,[S. 5]Seitenumbruch wann der eint ald andere dießere wohlgemeinte ordnung übertretten wurde, ein herr land-vogt einen solchen nicht allein nach derselben inhalt abzustraffen, sondern auch nach befindenden dingen in mehrerem anzusehen die befuegsamme haben solle.

[S. 6]Seitenumbruch [S. 7]Seitenumbruch

Ordnung vor die fischere in dem GreiffenseeOrt:

[1] Erstlichen sollen die fischere nicht befüegt seyn, einiche albulen in dem GreiffenseeOrt: , weilen sie in dem laich sind, zufangen, sie haben dann zu vor von einem jeweiligen herren landvogt die erlaubnuß darzu erhalten, der ihnen dann nach beschaffenheit der zeiten und umständen [S. 8]Seitenumbruch bewilligen mag, selbige währender laichs zeit, jedoch mit bescheidenheit, drey wochenZeitspanne: 3 Wochen lang fangen zu mögen. Und so der eint ald andere sich unterstehen wurde, ein mehrers zu thun, wird er, herr landvogt, einen solchen mit fünf pfundenWährung: 5 Pfund ohnnachläßlicher buß belegen.2

[2] Zweitens sollen sie, die fischere, einem jeweiligen herren landvogt den gewohnlichen see zinß nach bißhäriger üebung geflißen abstatten und entrichten.3

[S. 9]Seitenumbruch

[3] Drittens solle ein jeder weidmann oder fischer ein saßen oder floßschifflein in seinem schiff haben, da mit er die hecht und andere fisch, die er fangt, lebendig behalten könne.4

[4] Viertens solle niemand keinen hecht fangen mögen, es geschehe dann mit dem weiten geschirr nach dem hecht brittli, bey fünff pfundenWährung: 5 Pfund buͦß.5

[5] Fünfftens sollen die [S. 10]Seitenumbruch bären, so biß dahin zu dem egli-fang gebraucht worden, gäntzlichen abgestrickt und verbotten seyn, und das by verlurst der bären und fünff pfunddenWährung: 5 Pfund buß, wie auch ein pfund geltsWährung: 1 Pfund deme, so einen solchen fehlbahren laiden wird.6

[6] Sechstens solle auch niemand keinen schwaalen fahen, wann er in dem laich ist, weder in engen netzenen nach in engen bären, außgenommen mit einem mäschen allein. So aber die schwaalen nicht mehr in dem laich, mögen sie, die [S. 11]Seitenumbruch fischere, das gantze jahr, wann es von einem herren landtvogt erlaubt und bewilliget wird, mit dem netzi, so nach dem brittli gemachet und der boller mäschen genent wird, und mit dem bären, über das kleine hecht brittli verfertiget, in den see fahren und selbige gebrauchen. Und so einer in dem schwaalen-laich ein anders als das weite hecht geschirr gebrauchte, ein solcher nach beschaffenheit mit mehrerer buß beleget und angesehen werden.7

[7] Sibendens solle niemand [S. 12]Seitenumbruch keine egli-hürling das gantze jahr durch fangen, es werde ihme dann von einem herren landtvogt erlaubt, in der fehrneren meinung, das der heürling-fang von seinem anfang an langer nicht als vierZeitspanne: 4 Wochen biß fünff wochenZeitspanne: 5 Wochen währen solle.8

[8] Achtens solle niemand keine hechtschnur in den see ohne erlaubnuß setzen mögen.9

[9] Neüntens solle niemand, der garn in den see führt, [S. 13]Seitenumbruch dieselbige länger alß 38 klaffterLängenmass: 38 Klafter lang darein führen, auch nicht befüegt seyn, deren zwey an einanderen binden oder machen zu mögen.10

[10] Zehendens solle niemand mehr alß sechzigMenge: 60 bären, der namlichen einen gantzen gewerb hat, und einer, der einen gantzen netzen-gewerb hat, nicht mehr alß zwantzigMenge: 20 netzen in den see setzen mögen und beide nach dem brittli, so darüber gegeben ist, gemachet werden.11

[S. 14]Seitenumbruch

[11] Elfftens solle kein gantzes netze mehr alß 2400Menge: 2400 stuedlen lang, 32Menge: 32 reißen hoch und nach dem bridtli gemachet seyn.12

[12] Zwölfftens solle keiner keine brachsmann fangen mögen, er habe dann darzu die bewilligung von dem herren landvogt erhalten.13

[13] Dreyzehendens sollen die, so mit netzen und bären zu see fahren, selbige alle samstagZeitspanne: Samstag morgensZeitspanne: morgens [S. 15]Seitenumbruch um 8 UhrenZeit: 8:00 auß dem selbigen hinweg thun, am montagZeitspanne: Montag aber widerum darein thun dörffen.14

[14] Vierzehendens sollen die garnfischere den engen sack an denen garnen zu keinen zeiten alß in dem heürling-fang gebrauchen dörffen und, wann dießer vorbey, selbiger hinweg gethan und abgehauen werden, auch die ihnen bestimte zeit in treüen beobachten und keine neüen züg thun.15

[S. 16]Seitenumbruch

[15] Fünffzehendens sollen alle und jede fischere schuldig und verbunden seyn, alle die jenige fische, so sie fangen, es seye, wann es wolle, außgenommen was ein herr landtvogt vor seinen gebrauch in dem schloß nöthig hat, nach ZürichOrt: in die stadt auf den FischmarktOrt: daselbst und nicht mehr in privatSchriftwechsel haüßer oder klöster oder andere orth, wie biß dahin zu wider der alten ordnung beschechen, zu tragen und alda offentlich zu verkauffen.16

[16] Endtlichen, so sich jemand [S. 17]Seitenumbruch unterstehen wurde, wieder obbemelte punckten und artikul zu handle, solle ein sollcher von einem jeweiligen herren landtvogt zu GreiffenseeOrt: mit fünffWährung: 5 Pfund , zechenWährung: 10 Pfund oder mehreren pfunden buß, je nach beschaffenheit des fehlers, abgestrafft oder auch mit der gefangenschafft gebüßt werden.17

Worbey aber sich meine gnädige herren heiter vorbehalten, mehr bemelte punckten und artickul nach beschaffenheit der zeiten, [S. 18]Seitenumbruch sachen und umständen abänderen, verminderen und vermehren zu mögen.

Actum dienstags, den 25ten martii, anno 1738Originaldatierung: 25.3.1738, coram rechen rathOrganisation: .

[Unterschrift:] Rechenschriber

[...]Editorisch irrelevant18

Anmerkungen

    1. Die Verkündigung und Beschwörung der Fischereinung war traditionellerweise an den Ostertermin geknüpft, wie es im Eid des Landvogts festgehalten ist (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 64, Art. 5). Gemäss Artikel 27 in den Nachträgen zur Fischereinung dauerte die Fischerei-Saison jeweils von Ostern bis Martinstag (11. November) (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 21, Art. 27 und Nr. 22, Art. 27).
    2. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 1 der alten Fischereinung, wird hier jedoch bezüglich Aussnahmeregelungen präzisiert (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 17, Art. 1).
    3. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 2 der alten Fischereinung, wobei die dort aufgeführten Regelungen betreffend Art und Höhe der Abgaben hier fehlen (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 17, Art. 2).
    4. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 3 der alten Fischereinung, wobei die dort aufgeführten Regelungen betreffend Ablieferung und Kontrolle hier fehlen (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 17, Art. 3).
    5. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 4 der alten Fischereinung, wird hier jedoch bezüglich Messmethode sowie Bussenhöhe präzisiert (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 17, Art. 4). Damit wurde eine Forderung aufgegriffen, die bereits anlässlich der Neufassung der Fischereinung im Jahr 1519 aufgekommen war (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 55).
    6. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 5 der alten Fischereinung, wird hier jedoch als generelles Verbot formuliert (SSRQ ZH NF II/3 17-1, Art. 5).
    7. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 6 der alten Fischereinung, wird hier jedoch bezüglich Aussnahmeregelungen präzisiert (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 17, Art. 6).
    8. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 8 der alten Fischereinung, wobei die dort aufgeführten Ausnahmeregelungen hier fehlen (SSRQ ZH NF II/3 17-1, Art. 8).
    9. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 9 der alten Fischereinung, wird hier jedoch als generelles Verbot formuliert (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 17, Art. 9).
    10. Dieser Punkt entspricht inhaltlich dem Artikel 12 der alten Fischereinung (SSRQ ZH NF II/3 17-1, Art. 12).
    11. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 19 in den Nachträgen zur Fischereinung, wobei die dort aufgeführten Regelungen betreffend Teilung der Gewerbe hier fehlen (SSRQ ZH NF II/3 21-1, Art. 19 und Nr. 22, Art. 19).
    12. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 20 in den Nachträgen zur Fischereinung, doch wird die dort aufgeführte Zahl von 32 Netzen hier zur Definition der Netzhöhe verwendet (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 21, Art. 20 und Nr. 22, Art. 20).
    13. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 22 und 23 in den Nachträgen zur Fischereinung, wird hier jedoch bezüglich Bewilligung durch den Landvogt präzisiert (SSRQ ZH NF II/3 21-1, Art. 22-23 und SSRQ ZH NF II/3 22-1, Art. 22-23). Damit wurde ein Anliegen aufgegriffen, das die Garner vermutlich anlässlich der Neufassung der Fischereinung im Jahr 1519 formuliert hatten (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 55).
    14. Dieser Artikel hat keine Entsprechung in der alten Fischereinung.
    15. Dieser Artikel hat keine Entsprechung in der alten Fischereinung.
    16. Dieser Punkt greift einen Entscheid des Rats von 1431 auf, dem offenbar häufig zuwidergehandelt wurde (SSRQ ZH NF II/3 19-1). Ähnliche Regelungen finden sich in Artikel 17 und 18 in den Nachträgen zur Fischereinung (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 21, Art. 17-18 und Nr. 22, Art. 17-18).
    17. Dieser Punkt ist angelehnt an Artikel 14 der alten Fischereinung, wobei die Busse bei Verstössen gegen die Einung dort mit 12 Schilling zuhanden des Vogts und 12 Schilling zuhanden der Weidleute angegeben wird (SSRQ ZH NF II/3, Nr. 17, Art. 14).
    18. Auf den nachfolgenden Seiten wurden diverse weitere Regelungen betreffend GreifenseeOrt: und UsterbachOrt: eingetragen, die bereits in der erneuerten Fischereinung von 1574 kompiliert worden waren (SSRQ ZH NF II/3 86-1), nämlich der Eid des Seeknechts vom 15. April 1650Datum: 15.4.1650 (S. 25-26; Edition: SSRQ ZH NF II/3, Nr. 97), das Verbot des Schilfmähens vom 28. März 1569Datum: 28.3.1569 (S. 27-28), das Urteil in einem Streit über die Ufernutzung des GreifenseesOrt: vom 18. Januar 1615Datum: 18.1.1615 () (S. 29-36), ein Entscheid betreffend Nutzung des Schilfs am GreifenseeOrt: vom 2. April 1621Datum: 2.4.1621 () (S. 37-39), ein Entscheid über das Schneiden von Streumaterial im GreifenseeOrt: vom 13. Dezember 1729Datum: 13.12.1729 (S. 41-42), das Urteil in einem Streit über das Fischen in den Gräben am GreifenseeOrt: vom 14. Dezember 1569Datum: 14.12.1569 (S. 43-56), Bestimmungen betreffend Fischerei im UsterbachOrt: vom 24. Juni 1559Datum: 24.6.1559 (S. 57-64), Bestimmungen für das Fangen von Fischen und Krebsen im UsterbachOrt: vom 1. September 1569Datum: 1.9.1569 (S. 65-73), ein Entscheid über das Ziehen der Setzgarne im UsterbachOrt: vom 6. Januar 1580Datum: 6.1.1580 (S. 75-78) sowie das Urteil in einem Streit um die Fischereirechte im UsterbachOrt: vom 2. August 1606Datum: 2.8.1606 () (S. 79-84). Nachträglich wurden auf freien Seiten noch weitere Bestimmungen über das Abschneiden von Rohr im GreifenseeOrt: vom 13. Juli 1779Datum: 13.7.1779 () eingetragen (S. 19-21).