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SSRQ ZH NF I/2/1 82-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 82-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ehevertrag zwischen Erhard von Hunzikon aus Winterthur und Barbara Barter aus Schaffhausen

1458 Mai 16.

Bei der Eheschliessung zwischen Erhard von Hunzikon aus Winterthur und Barbara, Tochter des Konrad Barter aus Schaffhausen, haben beide Seiten vereinbart: Konrad soll seiner Tochter 700 Gulden als Heimsteuer geben und diese bis zum 11. November auf seine und ihre Zinseinkünfte versichern. Er soll sie mit Kleidung ausstatten und ihr Bettzeug geben, falls seine andere Tochter bei ihrer Hochzeit Bettzeug bekäme. Nach Konrads Tod sollen beide Töchter das Erbe teilen. Erhard soll seiner Frau 200 Gulden zur Morgengabe geben und diese ebenfalls bis zum 11. November versichern. Falls Erhard vor Barbara ohne Nachkommen stirbt, kann sie mit Heimsteuer, Morgengabe, Schmuck, Kleidung und ihrem sonstigen Besitz abzugsfrei aus der Stadt fortziehen. Aus dem Erbe ihres Mannes stehen ihr 300 Gulden zu, für die sie Abzug zahlen muss, sein übriges Vermögen fällt an seine nächsten Erben. Falls Barbara vor Erhard ohne Nachkommen stirbt, erhält er 300 Gulden von ihrem Vermögen, der Rest samt Morgengabe soll an ihre nächsten Erben fallen. Falls sie Kinder bekommen, darf Barbara nach dem Tod ihres Mannes seinen hinterlassenen Besitz nutzen, solange sie als Witwe bei ihren Kindern bleibt, wobei sie jährlich Rechnung gegenüber den Angehörigen väterlicherseits und mütterlicherseits ablegen soll. Zu Lebzeiten Konrad Barters können die Ehepartner einander bis zu 700 Gulden als Leibrente vermachen, nach seinem Tod fällt diese Beschränkung fort. Schultheiss und Rat von Winterthur erteilen ihre Zustimmung zu den Bestimmungen über den Abzug. Es siegeln der Schultheiss und Rat mit dem Stadtsiegel sowie Konrad Barter und Erhard von Hunzikon.

  • Signatur: STAW URK 993
  • Originaldatierung: 1458 Mai 16
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 52.0 × 31.0 (Plica: 5.5 cm)
  • 3 Siegel:
    1. Stadt WinterthurOrganisation: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, bestossen
    2. Konrad BarterPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, abgeschliffen
    3. Erhard von HunzikonPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, abgeschliffen
  • Sprache: Deutsch

  • Signatur: STAW AG 91/1/42.6, S. 3-7
  • Originaldatierung: 1516 Juni 16
  • Überlieferung: Abschrift (Insert), Heft (9 Blätter)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.5 × 32.0
  • Sprache: Deutsch

Der Bräutigam Erhard von HunzikonPerson: gehörte dem niederen Adel an. Sein Vater Heinrich von HunzikonPerson: stand in habsburgischenOrganisation: Diensten und bekleidete das Schultheissenamt in WinterthurOrt: . ErhardPerson: selbst wurde in den RatOrganisation: und zum Schultheissen gewählt und trat in die Dienste des Abts von St. GallenOrt: und Herzog Sigmunds von ÖsterreichPerson: (Niederhäuser 1996, S. 39-40, 122-137, 139-149). Die Braut Barbara BarterPerson: stammte aus einer bedeutenden SchaffhauserOrt: Familie. Das Sozialprestige des Paars zeigt sich auch an seinen kirchlichen Stiftungen (SSRQ ZH NF I/2/1 167-1). Die Ehe blieb kinderlos, BarbaraPerson: starb spätestens im Jahr 1507 (Niederhäuser 1996, S. 47-53). Kurz vor seinem Tod im Jahr 1515 errichtete ErhardPerson: ein Testament (SSRQ ZH NF I/2/1 213-1). Er hinterliess ein beachtliches Vermögen, um das entfernte Verwandte des Ehepaars sowie die WinterthurerOrt: Kirchenpfleger und Siechenhauspfleger jahrelang stritten (Niederhäuser 1996, S. 53-57).

Eheverträge sind nicht oft im Original überliefert. Die vorliegende Urkunde wurde im Rahmen eines Erbrechtsstreits als Beweisstück eingereicht und gelangte so in das städtische Archiv. Eine Abschrift des Vertrags ist im verbrieften Urteil des Schultheissen und RatsOrganisation: vom 16. Juni 1516 im Prozess um das Erbe der Barbara BarterPerson: zwischen Hans HaggPerson: von SchaffhausenOrt: und den Pflegern der Pfarrkirche und des SiechenhausesOrganisation: in WinterthurOrt: enthalten (STAW AG 91/1/42.6). Zu spätmittelalterlichen Eheverträgen allgemein vgl. Rippmann 2014; zum Ablauf der Eheschliessung vgl. Albert 1998, S. 121-122.

Die von dem Schreiber verwendeten diakritischen Zeichen lassen sich nicht immer zweifelsfrei unterscheiden. Zur besseren Lesbarkeit des Textes wurde in Zweifelsfällen gemäss Standarddeutsch normalisiert.

Editionstext


In dem namen der hailigen, unzertailichen drivaltigkait, gott, des vatters, des suns und des hailigen gaistes, sye mengclichem zuͦ wissen:
Als Conrat BarterPerson: zuͦ SchafhusenOrt: BarblenPerson: , sin tocherAuffällige Schreibung, vermehelt und
Erharten Hu̍ntzikonPerson: von WinterthurOrt: zuͦ dem sacrament der hailigen ee geben haut, daz da in soͤlicher vermehlung und dem hyraut durch ir baider fru̍nnd und annder erber lu̍t, so daby und mit gewesen
sind, abgeredt und betedinget ist worden, daz Conrat BarterPerson: , der obgenanten BarblenPerson: , siner tochter, zuͦ dem vorgenanten irem elichen man zuͦ rechter haimstu̍r geben sol sibenhunndert Rinischer
guldin
Währung: 700 Rheinischer Gulden
und in der hierzwu̍schent und sannt MartinsPerson: tagDatum: 11.11.1458 (Termin/Frist) ußwisen, versichren und besorgen mit guͦten jerlichenWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr zinsen und gu̍lten, daran er und si habend sind. So sol derselb Erhart Hu̍ntzikonPerson: der benanten siner elichen gemahel zuͦ rechter morgengaube zwayhunndert ouch Rinischer guldinWährung: 200 Rheinischer Gulden geben und si in dem obgemelten zyt umb die hainstu̍r und morgengaube, daran si
habend ist, ouch versichren, bewisen und versorgen und ains mit dem anndern zuͤgon, alles ungevarlich. Zu dem so sol Conrat BarterPerson: die vorgenanten sin tochter ußrichten mit gewand
und annderm, so zuͦ ir gehoͤrt, ußgenomen bettgewaͧt, doch mit furworten, ob Conrat BarterPerson: der anndren siner tochter, so er die beraͧten, bettgewaͧt geben wurde, des sye lu̍tzel oder vil. Wenn es
denn zuͦ val kompt und er von tod abgangen ist, so sol die obgenant BarbelPerson: , sin tochter, deßglichen sovil vorußnemen und in dem u̍brigen sinem guͦt, ligendem und varendem, so er nach
tod verlaͧsset, mit derselben ir schwester zuͦ glichem tail goͧn, denn si des ain rechti erbtochter haissen und sin und sust demselben irem vatter in allem sinem und irem muͦterlichen erb und
guͤt, die wyl er in leben ist, unersuͦcht, unervordert und unbeku̍mbert laͧssen sol.
Und were, daz der obgenant Hu̍ntzikonPerson: vor der egenanten BarblenPerson: , sinem elichen gemahel, von tod abgienge
und nit elich liberben hinder im verließe, so sol dieselb, sin elich gemahel, desersten voruß und vorab mit ir von dannen nemen und ziehen die vorgeschribnen sibenhunndert guldinWährung: 700 Gulden ,
ir hainstu̍r, die zwayhunndert guldinWährung: 200 Gulden , ir morgengaube, ir clainot und verschroten gewand und was si im sust zuͦbracht oder ir zuͦ gefallen ist ald by im ererbt haut, und dartzuͤ
von sinem guͦt, so er nach tod verlaͧsset, dru̍hunndert Rinischer guldinWährung: 300 Rheinischer Gulden und das u̍brig sin guͦt sinen rechten nechsten und natturlichen erben gefallen sin, volgen werden und zuͦgehoͤren,
on mengclichs intrag und widersprechen.
Deßglichen widerumb were, daz si vor im von tod abgienge und nit elich liberben hinder ir verließ, gott ir baider leben lang frist, so soͤllen
im irs guͦts dru̍hunndert Rinischer guldinWährung: 300 Rheinischer Gulden verfallen sin und das u̍brig ir guͦt, alles, so si im zuͦbracht haut oder ir by im zuͦgefallen ist, nu̍tzit ußgenomen, und sunnderlich die morgengaube, iren rechten nēchsten und nattu̍rlichen erben nach morgengaubrecht volgen werden und zuͦgehoͤren.
Wer aber, als ob gott wil, beschehen sol, daz si elich liperben byenander gewunnen
und denn der vorgenant Hu̍ntzikonPerson: vor der benanten BarblenPerson: , sinem elichen gemahel, von tod abgieng, so mag si, ob si wyl, by denselben iren kinden sin und bliben und sins verlaßnen
guͦts, die wyl si in wittwelichem staut sitzet, hand und gewalt haben, das innzuͦhaben und mit iren kinden zuͦnutzen und zuͦniessen, doch oͧn mindrung des hoptguͦts und daz si der kinden
nechsten fru̍nnden von baiden sippen, vatter und muͦter maͧg, jerlichsWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr ain rechnung tuͦn sol. Wenn si sich aber verenderti oder sust by den kinden nit mer sin oder bliben welt, so sol und
mag si aber mit ir von dannen ziehen die obgeschribnen sibenhunndert guldinWährung: 700 Gulden , ir hainstu̍r, ir clainot und ir verschroten gewand und alles das, so si im zuͦbracht haut oder ir by im zuͦgefallen ist, und dartzuͦ die zwayhunndert guldinWährung: 200 Gulden , ir morgengaub. Und das sol ir allweg, er verlaße elich liberben hinder im oder nit, on mindrung und abzug der von WinterthurOrt: und
mengclichß halb von dannen volgen und werden, ußgenomen die dru̍hunndert guldinWährung: 300 Gulden , so ir von sinem guͦt, ob er vor ir von tod abgieng und nit elich liberben hinder im verließe,
als vorgeschriben staut, werden sond, sol si den von WinterthurOrt: von geben und tuͦn, was denn derselben stat recht und harkomen ist.
Und mit fu̍rworten, so ist hierinn beredt
worden, daz die obgenanten zwayMenge: 2 elichen gemahel enander by des obgenanten Conrat BartersPerson: leben zuͦ den obgeschribnen dru̍hunndert guldinWährung: 300 Gulden , die yegclichs von dem anndern erben sol,
bis an die sibenhunndert guldinWährung: 700 Gulden , und nit daru̍ber, ordnen, zuͦͤfuͤgen und verschaffen moͤgen, wie vil es wil, doch nit annders denn in liptings wise. Und wenn ir yegclichs abgangen
ist, so sol soͤlich verschafft und vermacht guͦt widerumb an des erben, von dem es harkomen ist, gefallen und soͤlich gemecht glich ainem als dem anndern zuͦgoͧn. Wenn aber der obgntobgenant
Conrat BarterPerson: von tod abgangen ist, so mogend si baidersidt enandren zuͦfuͤgen, ordnen und verschaffen, lu̍tzel oder vil, weders si wellent, uff lipting oder wie inen das eben ist,
alles ungevarlich.
Wir, obgenanten schulthaiß und raut zuͦ WinterthurOrt: Organisation: , bekennen mit disem brieff, daz alles das, so von des abzugs wegen unser gemainen stat halb vorgeschriben staut, mit u̍nserm gunst, wissen und guͦtem willen zuͦgangen und beschehen ist, und begeben u̍ns des fu̍r u̍ns und unser nachkomen wissentlich in crafft dis brieffs, daran
wir unser stat insigel gehengkt haben, doch u̍ns, u̍nsern nachkomen und derselben unser gemainen stat in all ander wege oͧn schaden. Wir, vorgenanten Conrat BarterPerson: und
Erhart Hu̍ntzikonPerson: , bekennen ouch ainer warhait alles des, so vorgeschriben staut, haben ouch das alles by unsern guͦten tru̍wen gelopt und versprochen war, vest und stet zuͦhalten,
dem nachzekomen und dawider niemer nu̍tzit zuͦreden noch zuͦtuͦnd noch schaffen getoͧn werden, in dehainen weg, oͧn all geverde. Und des zuͦ urku̍nnde so habend wir baid u̍nsre
insigel ouch an disen brieff gehengkt, der geben ist uff zinstag vor dem hailigen pfingsttag, nach u̍nsers herren Cristus gepu̍rt viertzehenhunndert und achtundfunfftzig jareOriginaldatierung: 16.5.1458.
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 16. Jh.:]
Der gemecht brief
von HuntzikoͧnPerson:
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 16. Jh.:]
HyraltAuffällige Schreibung brieff zwu̍schend Erharten von
Huntzikon
Person:
und frow Barbal BarterinPerson: a

Anmerkungen

  1. Hinzufügung unterhalb der Zeile von Hand des 18. Jh.: anno 1458.